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So viel Leid in so viel natürlichem Licht – Die Kritik zu The Revenant – Der Rückkehrer

Dies ist der erste Beitrag in meiner neuen Rubrik Die Kritik. Er könnt daran mitschreiben, wenn ihr mögt.

Zum DVD-Start von The Revenant habe ich nun auch den Film gesehen, der Leonardo endlich den Oscar beschert hat. Eines vorneweg: Seit ich ihn zum ersten Mal durch ein Aquarium erblickte – damals hieß er noch Leo und die Haare fielen ihm pittoresk ins Gesicht – kann Leonardo DiCaprio bei mir eigentlich nicht viel falsch machen. Ich finde, er ist ein großartiger Schauspieler. Mein Fazit lautet trotzdem: The Revenant ist lang. Sehr lang. Es gibt viel Leid. Unglaublich viel Leid. In sehr viel natürlichem Licht. Das ist nicht so spannend, wie es sich anhört.

Er ist ein Schmerzenswesen dieser Mann. Und Hugh Glass ganz besonders. Leonardo DiCaprio spielt den Pelzhändler in der Wildnis dieses irgendwie-schon-eine-Weile-besiedelten-aber-noch-nichts-mit-Zivilisation-Amerikas, in der Wunden faulen und Männer sich unentwegt am Kopf kratzen. Damals, als die Natur noch rau und die Menschen von den Urkämpfen des Daseins umgetrieben wurden: Wo kriege ich etwas zu Essen? Es muss auch nicht gebraten sein., Weiterlesen

Mühelos natürlich – Ein paar Worte zu Kate Middletons VOGUE – Cover

Gerade hat der Sohn noch Barack Obama im Bademantel (mit Initialen!) begrüßt, da kommen die britischen Royals wieder um die Ecke. Kate Middleton ist auf dem VOGUE-Cover. Die Artikel überschlagen sich mit dem Lob der Natürlichkeit. Lässig lehnt sie auf dem Gatter. Und trägt kaum Make-Up. Nur ein strahlendes Lächeln. Prompt folgt der Link zwischen Äußerem und Persönlichkeit. Wir erfahren: die Bilder spiegeln die Herzogin eins zu eins wieder. So ist sie, natürlich und ungezwungen. Zum Shooting ist sie selbst gefahren – mit Lockenwicklern im Haar. Kate – die Königin der Natürlichkeit. Die Frau, die den Eyeliner für ihre Hochzeit selbst geführt hat. Woohoo. Die nicht so viel Wert auf Drumherum legt. So als Mutter. Und toll ist das doch, dass sie sich zeigt, wie sie ist. Ein Beispiel für viele Frauen. Gräme dich nicht, natürlich darfst du sein. Wenn die Kate das auch macht.

Natürlichkeit. Das Einhorn unter den weiblichen Beautystandards. Wir wissen, Natürlichkeit bedeutet trotzdem schön sein. Keine Pickel und maximal kunstvoll zerzauste Haare. Echte Natürlichkeit muss hingegen keiner sehen. Das bekam Kate 2013 zu spüren, als bei einem öffentlichen Auftritt ein grauer Ansatz zu sehen war.

Natürlichkeit heißt nicht weniger Schönheitsarbeit. Es heißt nur „Mühelos gelingt mir alles, spielend sehe ich so gut aus.“ Bildschirmfoto 2016-05-03 um 20.19.54Eine Heerschar von Stilisten braucht es trotzdem, um so auszusehen. Aber die Arbeit, die ins Äußere gesteckt wird, trägt man eben nicht mehr vor sich her. Natürlichkeit ist auch Abgrenzung – gegenüber vermeintlich Unnatürlichem, (zuviel Make-Up, zu viele offensichtliche Gedanken ums Äußere). Ein sozialer Trend, der „natürlich“ als überlegen definiert. Das gilt nicht nur für Haare und Haut, sondern zum Beispiel auch für Essen. Dabei hat diese Art der natürlichen Schönheit so wenig mit Mühelosigkeit und Entspanntheit zu tun wie die Jagd nach den richtigen Lebensmitteln auf dem Wochenmarkt.

Ein Schwa(t)zkopf-Video, das den Undone-Look (Meine Haare sehen aus, als hätte ich nichts dran gemacht.) erklärt, kommt auf drei Minuten. Ein durchschnittliches youtube-Tutorial zum Nude-Look (Make-Up, das aussieht wie kein Make-Up.) auf fünf. Rechnen wir mal mit 200 Tagen im Jahr – man ist ja auch mal krank – macht das 1.600 Minuten.

26 Stunden investiert in die Überlegenheit der Natürlichkeit. Unter diesem Paradigma ist alles gut, was natürlich aussieht: Gesichter, Brüste oder tolle Haare. Unabhängig davon, ob sie es sind. Was zählt ist der Standard. Und die Erreichung nach den vorgegebenen Regeln. So spaltet Natürlichkeit Frauen. In die, die es richtig machen. Und die Fakes. Standards der Natürlich- und Mühelosigkeit (siehe alle DOVE-Kampagnen-jemals) erweitern die Definition von Schönheit nicht. Sie stellen sich nicht gegen Schönheitsstandard, sie schaffen nur einfach einen neuen. Deshalb ist es egal, ob Kate „natürlich“ oder mit Drag-Queen-Make-Up posiert. Es ist kein Zeichen für niemanden.

Foto: British Vogue/ Instagram

Der ultimative Sommerdiät-Guide

Herzlich willkommen Ladies,

zu einer neuen Episode der Serie Wie ich ein besserer Mensch werde. Der Sommer steht vor der Tür und damit die Diätsaison. Eigentlich wollen wir uns natürlich das ganze Jahr über gesund ernähren, gegen Cellulite cremen und endlich mal diese Kettlebells ausprobieren. Aber dann kommen die Schockosterhasen dazwischen und die Stollen und überhaupt – unser ganz schwacher Wille als Frauen.

Kein Grund emotional zu werden. Wie immer eilt euch das makellosmag zur Hilfe und hat die drei ultimativen Sommerdiäten getestet.

Die Madonna-Vogue-Diät

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flickr – Felix Nine – CC by 2.0

Du darfst nur essen, wenn Madonnas Vogue in voller Lautstärke im Hintergrund läuft. Drehe den Bass ganz auf, um zusätzliche Magenstimulation zu erreichen. Nach weniger als zwei Tagen wird dir das Essen zuverlässig zur Qual und Hände in schwarz-weiß werden deine Träume verfolgen. Vor Angst fröstelnd (1 Stunde Frieren = minus 102 Kalorien) und schlaflos (schlafend 54 kcal/ pro Stunde vs. Liegen und gelegentliches Drehen 98 kcal/ pro Stunde) wälzt du dich im Bett.

Die „nur eine Sache“-Diät

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flickr – Andrew Huff – CC by 2.0

Suche dir ein Superlebensmittel, von dem du dich ausschließlich ernährst. Die Auswahl ist groß: Superbeeren, Superpulver, Supergemüse. Im Idealfall ist es richtig teuer und nicht überall zu bekommen. So werden deine Konsumoptionen beim Essenskauf ganz natürlich und radikal eingeschränkt. Für den kleinen Geldbeutel empfehlen wir Salz. Kalorienarm, man kann definitiv nicht zu viel davon essen und es hilft euch, die empfohlenen zwei Liter am Tag zu trinken.

Die Puppenbesteck-Diät

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flickr – Stéphanie Kilgast – CC by 2.0

Je kleiner das Besteck, desto weniger hat darauf Platz. Das ist Wissenschaft. Der Gebrauch von Puppenbesteck zwingt deinen Körper, den Schrumpfungsprozess einzuleiten, bis er sich selbst auf Puppenniveau befindet. Genial. Aber Achtung: Keine Kinder anschaffen, um an Puppenbesteck zu kommen. Die machen fett.

Zusatz Pro-Tipp:

Merke: Es kommt auf die Einstellung an, auf deinen mindset. Selbstzweifel sind die Basis jeder guten Diät. Um die Gewichtsabnahme zu beschleunigen und langfristig (!) zu gestalten, stelle dich jeden Tag mehrmals auf die Waage, bis sich das Gefühl der Wertlosigkeit einstellt. Außerdem ist der Satz „Niemand wird mich jemals lieben.“ so oft wie möglich aufzusagen.

Foto: flickr – Practical Cures – CC by 2.0

Lasst uns doch auch ein bisschen Selbstliebe machen. – Warum das mit den neuen Frauenzeitschriften gar nicht so einfach ist

Spätestens seit die britische ELLE eine jährliche Feminist Issue herausbringt und die US-Cosmopolition mit Jill Filipovic eine feministische Bloggerin verpflichtet hat, dreht sich etwas im angloamerikanischen Markt. Auch hierzulande hat man erkannt: ein bisschen weniger Körperhass und ein bisschen mehr Selbstliebe können Verkaufsargumente sein. Jüngstes Beispiel ist die Mai-Ausgabe der GLAMOUR. Die Free your Body-Issue („Your body loves you, love him back.“) verspricht mehr Intuition, mehr Stolz, mehr Ich. Nun wollen wir nicht kleinlich sein und uns wundern, dass da aufs Cover natürlich niemand anderes als Supermodel Bella Hadids befreiter Körper gehört. Wir blättern einfach ein wenig. Weiterlesen

Im Cocktailkleid zur absoluten Mehrheit – Wie US-Serien Power Dressing neu definieren

Wenn Melanie Griffith im 80er-Jahre-Klassiker Die Waffen der Frauen heraus findet wie man in der Geschäftswelt erfolgreich ist, verändert sich auch ihr Äußeres. Die doppelt-auftoupierten Haare machen Platz für die einfach-auftoupierte Version und ihre Kleidung wandelt sich. Farben werden dezenter, das Sakko größer und die Schulterpolster breit. Businesskleidung der 80er, dem ersten Jahrzehnt, in dem Frauen selbstbewusst und selbstverständlich ihren Platz am Konferenztisch einforderten, versteckte die weibliche Silhouette. (Nun gut, minus lange Beine vielleicht.) Wo beide Geschlechter Gleiches tun wollten, versuchte man Unterschiede auch in der Kleidung zu vermeiden. Und orientierte sich an denen, die zuerst da waren: Männern in Anzügen. In den 90ern folgte auf den Laufstegen die erste Unisex-Kollektion von Jean-Paul Gaultier.

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Heute sieht der Power Dress erfolgreicher Frauen anders aus.
Claire Underwood und Selena Meyers in den Politserien House of Cards und Veep tragen enganliegende Röcke, aber vor allem figurbetonte Cocktail- und Etuikleider. Die dürfen, insbesondere bei der imaginären Vizepräsidentin Meyers, gern in Knallfarben oder Pastell daher kommen.

Ihre Garderobe ist nicht zufällig. Die Stilistinnen beider Serien bestätigen, wie viel Gehirnschmalz in die Ausstattung der Figur floss. Claires Kleidungsstil sollte machtvoll sein, eine Rüstung, die bereits in der Optik klar macht, dass sie dem Führungsanspruch ihres Mannes in nichts nachsteht. Macht und Sexyness, eine unschlagbare Kombi. Auch Selena Meyers ist sich am Ende der 3. Veep – Staffel sicher, ihr „fantastischer Arsch“ wird etwas mit ihrem Aufstieg zu tun gehabt haben. Brauchte Reese Witherspoon 2001 in Natürlich Blond als brilliante Anwältin noch eine gewisse ironische Distanz zu ihrem Barbielook, gehen Bonbonfarben und Oval Office heute problemlos zusammen.

Die VOGUE feiert den Look als neuen „Power Suit“, der sich endlich traut, Weiblichkeit in den Vordergrund zu stellen. Und die eigene Macht mit Sexyness zu zelebrieren. Schöner Nebeneffekt: Aufmerksamkeit ist garantiert. Kleidung, die sagt: „Hier bin ich, ich verstecke mich nicht.“ Feministisch ist das Ganze, schreiben andere. Frauen dürfen in der männlich geprägten Businesswelt endlich herausstechen. Vorbei die Zeiten, in denen man versuchte, nicht aufzufallen. Sich als Frau im Business stolz mit dem eigenen Körper zu präsentieren, war vorurteilsbeladen. Nun treten insbesondere junge Frauen hervor und wollen dem alten Mantra: „Wenn du zu sexy bist, hört keiner auf deine Inhalte.“ nicht mehr glauben. Im Gegenteil, sie genießen es, auf dem Bild mit den dunklen Anzugträgern als Frau im rosa Cocktailkleid aufzufallen.

Tatsächlich kennt man den Kleidungsstil im echten Leben auch von US-Top Wirtschaftslenkerinnen wie Sheryl Sandberg oder Marissa Meyer, deren legendäres VOGUE-Shooting (mit Tablet, High Heels und Modelfigur im kobaltblauen Etuikleid auf der Sonnenliege) 2013 eine kleine Kontroverse auslöste.

Nur in der Politik scheint er – entgegen der popkulturellen Repräsentation – noch nicht ganz angekommen. Das mag an der Zweischneidigkeit liegen, die das neue Power Dressing mit sich bringt. Justin Trudeau, Kanadas Premierminister mit Pin-Up-Qualitäten, kann die Berichterstattung über sein Äußeres als Nebenprodukt mitnehmen. Hillary Clinton hätte nicht das gleiche Glück. Trägt sie ihre berühmten Hosenanzüge, wird ihr vorgeworfen, sie wolle sich desexualisieren. Zeigt sie einen Hauch Haut, gibt es eine mediale Verarbeitung, die ihre politische Agenda für eine Woche komplett in den Hintergrund rückt. An dieser Stelle sei an Angela Merkels Opernballkleid und die damalige bahnbrechende Erkenntnis der Medien (Oh, sie hat Brüste!) erinnert. Attraktiv ja, das geht in der Politik – aber bitte nicht übertreiben.

Es scheint nicht einfach zu sein, die Kontrolle über das eigene Bild zu behalten. Besonders nicht, wenn man sich in alten Fahrwassern bewegt. Offen zur Schau gestellte weibliche Sexualität kann tatsächlich machtvoll sein, denn sie erschreckt. Sollen Frauen doch eher schmücken als sich selbstbestimmt auszustellen. Aber wird man wirklich nicht zum Objekt, nur weil man sich als Subjekt versteht? Kann man die engen Grenzen so verändern, dass Kleidung als das wahrgenommen wird, was gedacht war – nämlich eine bewusste Verbindung von Sexyness und Macht, eine Unterstützung der eigenen Position?

Oder ist das neue Power Dressing einfach nur Konformismus mit einem altbekannten Schönheitsideal? Nicht umsonst machen beide Serienfiguren eine Menge Sport und fallen in die Kategorie „Fit ist das neue dünn.“. Während sich Männer unter ihren Anzügen einen Bauchansatz leisten können, vergeben die enganliegenden Kleider nichts. Power Dressing schließt auch aus.

Außerdem, wenn es sich hierbei im Grunde um eine Verkleidung handelt, einen Code, wie es ihn auch bei Anzug- und Krawattentypen in der männlichen Businessmode gibt, wieso suchen wir uns dann keine komplett neue Version? Oder ist das Spiel mit der weiblichen Figur genau das Gute an der Sache? Werden weibliche Attribute mithilfe des Power Dressing umgedeutet – vom Reiz hin zur Macht? Dann könnten Brüste und Po, könnte die weibliche Silhouette, tatsächlich irgendwann für Erfolg stehen und nicht nur für Sex.

Bildnachweis: Netflix/ House of Cards; Amazon/ Veep