In Wochen wie diesen, mit wenig Schlaf & einer gefühlten Idiotenpopulation von 98% auf diesem Planeten, neige ich dazu, mit mir selbst hart ins Gericht zu gehen. Was kann ich ändern, damit die Welt ein bisschen weniger irre ist? Sehe ich alles zu schwarz? Müsste ich einfach ein bisschen entspannter sein?
Als reinigende Soforthilfemaßnahme zur Aufrechterhaltung meiner psychischen Gesundheit, kommt mein Unterbewusstsein immer zuerst auf die Idee, ein paar verrückte Dinge zu tun. In meinem Kopf spukt dann so allerlei herum. In den gut besetzten Fahrstuhl einsteigen & sagen: „Sie wundern sich sicher, dass ich sie heute hier versammelt habe.“ oder nach Betreten der Umkleidekabine „Hey, hier ist ja gar kein Toilettenpapier!“ rufen. Vanillepudding in ein Mayonnaiseglas füllen & morgens in der U-Bahn essen.
Ich weiß, mein Humor im richtigen Leben steht dem von Otto in nichts nach. Ich wäre auch lieber Loriot.
Das mache ich ja auch alles nicht. Bis auf die Fahrstuhlgeschichte, die hier nicht zur Nachahmung empfohlen wird. Dafür tue ich andere sinnlose Dinge. Nachts alte Schulfreunde auf LinkedIn stalken, obwohl man eigentlich einen Blogpost schreiben wollte (ein frei erfundenes Beispiel).
Wenn ich so bin, wäre ich gern eine Andere. Natürlich sollte man immer man selbst sein. Unerschrocken & selbstbewusst für sich einstehen. Aber manchmal scheint das eigene chaotisch-würdelose, verweinte, rot angelaufene Selbst irgendwie doch nicht das Richtige.
Angeblich kann man das eigene Unterbewusstsein austricksen. Man darf sich nur nicht die Sachen vorsagen, die man nicht tun will. Sondern nur die, die man tatsächlich machen möchte. Nicht mal dein Unterbewusstsein hört dir nämlich richtig zu. Wenn du denkst: „Ich will NICHT nochmal in den Fahrstuhl steigen & einen dummen Witz reißen.“, hört es nur „Fahrstuhl einsteigen, dummen Witz reißen“.
Was wäre ich also gern? Ich wäre gern entspannter, ruhiger…cooler. Falls ihr auch in den 90ern groß geworden seid & das Wort noch kennt. Deshalb habe ich meinen eigenen Lackmustest. Wenn ich zweifele, ob mein Verhalten in einer bestimmten Situation gerade an der Grenze zu irre schrammt, frage ich mich: Was würden die coolen Frauen tun?
Wenn man zur Lebendbeobachtung eine coole Frau in seiner Umgebung hat, hilft das ungemein. Coole-Frauen-Sachen zu machen kann eine echte Bereicherung sein. Ich versuche, mich so oft wie möglich cool zu verhalten. Was zugegebenermaßen nicht oft ist.
Aber wie sind coole Frauen so?
Coole Frauen sind gern allein. Ok, oft sind sie von anderen coolen Frauen umgeben, mit denen sie lässige, kleine Gruppen bilden. Aber coole Frauen haben keine Angst vor dem Alleinsein. Coole Frauen gehen allein aus & ins Kino. Sie essen allein in Restaurants. Ohne mitleidige Blicke der anderen Gäste. Sie sehen nämlich nicht versetzt & traurig aus sondern großartig.
Coole Frauen sind freundlich. Wirklich. Die richtig coolen Frauen sind nette Menschen. (Die richtig coolen Männer übrigens auch.)
Wenn coole Frauen streiten, dann ist es das Äquivalent einer hochgezogenen Augenbraue oder eines gekräuselten Mundes. Ihr Unwillen ergießt sich nicht auf das Gegenüber wie ein langsam über die Zeit hinweg befüllter Schnellkochtopf, der gerade explodiert. Ihre Stimme verwandelt sich nicht in das gleiche unangenehm-kreischende Pfeifen, welches der Topf von sich gibt. Coole Frauen zeigen ihren Unwillen deutlich, aber mit der Macht einer gutgeführten Diskussion. Was nicht daran liegt, dass sie die besseren Menschen sind. Sie nehmen sich nur selbst wichtiger & ihre Gefühle ernster. So stellen sie sicher, dass der Ärger rauskommt, wenn er da ist & nicht erstmal den Schnellkochtopf befüllt.
Coole Frauen machen sich keinen Kopf um ihr Gewicht. Sie sitzen nicht mit schlechtem Gewissen vor leeren Chipstüten. Sie haben keine zehn Jahre alte Jeans im Schrank, die sie in schwachen Momenten der Selbstzerstörung über ihre Oberschenkel zu ziehen versuchen. Coole Frauen trinken Wein & essen raffinierten Zucker & Käse & ganz viele Kohlenhydrate nach 18 Uhr. Und sehen fantastisch aus. Sollten wir alle mal probieren.
Coole Frauen sind furchtlos. Sie gehen zu ihrem Ziel. Sie lieben & entlieben sich & es ist ihnen egal, wenn du nicht zurückschreibst. Sie machen Fehler. Aber müssen sie keinem als Erfolge verkaufen. Coole Frauen haben ein Arschgeweih. Und es bringt dich dazu, über ein eigenes Tattoo nachzudenken. Sie sind sie selbst & entschuldigen sich höchst selten. Sie sind ihr eigener größter Fan. Auf die coole (nicht die Sami Slimani) Art.
Und zu guter Letzt. Coole Frauen gibt es nicht. Nein, wirklich. Sie existieren nicht. Jede(r) ist chaotisch, überfordert, peinlich & durchgeknallt. Jede ist mal die Frau im Fahrstuhl.
Ein bisschen mehr wie die coolen Frauen sein zu wollen, schadet aber nicht. Die Regeln sind trotzdem gut und es lohnt sich, nah ranzukommen – an den coole-Frau-Status.
Foto: flickr – Stephen McLeod Blythe CC by 2.0
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An so Tagen, wo gar nichts geht, versuche ich immer, ein bißchen Steve McQueen in Bulitt zu channeln. An Tagen, an denen ich denke, man sieht mir alle meine Fehlentscheidungen an, versuche ich das mit der Würde einer Marianne Faithfull zu tragen. Und wenn mir vor einem irgendwie gearteten öffentlcihen Auftritt die Knie weich werden, frage ich mich: was würde Tilda Swinton tun. Das ist mein Triptychon von Coolness .
Das ist auch sehr cool! 2 von 3 kenne ich & kann ich unterschreiben Und Bullitt kommt jetzt mal auf meine Videothekenliste. (Wollte ich sowieso nochmal hin, bevor die alle aussterben.)
Genau & heute fangen wir damit an.
Was ein schöner Start in den Tag. Beim Lesen durchs Schmunzeln erst richtig wach geworden. Danke! Wir müssen einfach alle nachsichtig uns selbst gegenüber sein, das wäre ganz schön cool ;-).