Jahr: 2021

Und was ist nun mit Bügeln?

Gestern ging der November zu Ende und damit auch der Monat, in dem ich wieder mehr schreiben wollte, und zwar so viel wie möglich, über das kleine Glück, das uns im Alltag begegnet. Zwölf Portionen Alltagsglück sind es geworden und das freut mich wirklich, denn dieser November war vielleicht nicht die beste Wahl. Ich habe tatsächlich in den ersten Tagen ein paar Mal gedacht, ob ich nicht aufhören sollte.

Fernsehen

Fernsehen ist der Teil der Alltagskultur, der mir am meisten Alltagsglück verschafft. So, da steht es, jetzt habe ich es aufgeschrieben. Natürlich liebe ich Bücher und schreibe sogar selbst welche, wäre also prinzipiell dafür, dass alle mehr lesen, aber ich schaue viel mehr fern. Ich schaue fern, weil ich es liebe, weil ich mich richtig auf Sendungen freue. Und: Je müder und energieloser ich mich fühle, desto lieber schaue ich fern. Fernsehen ist keine Betäubung, die mich abgeschlagen zurücklässt, fernsehen entspannt mich ehrlich und ungemein.

Hähnchen süß-sauer

Hähnchen süß-sauer mit Klebereis und Klebesoße, dick, aber nicht zu flüssig mit unübersehbaren Ananasstückchen – dieses Gericht wird mir wohl auf ewig das Herz aufgehen lassen. Obwohl ich mittlerweile schon viele asiatische Restaurants gesehen habe und auch in ein paar Fusionküchen saß, lande ich sehr oft bei Hähnchen süß-sauer. Hähnchen süß-sauer ist eine Erinnerung. Eine Erinnerung an die neue Welt der Chinarestaurants, oft in Bahnhofsnähe mit unverkennbar-dunkelrotem Mobiliar. Mit Schnitzereien von Drachen und Aquarien mit Goldfischen mitten im Lokal.

Die ersten warmen Socken

Als ich vor einer Weile jemanden erzählte, dass ich versuche, so lange wie möglich barfuß zu laufen und deshalb Fußbodenheizungen womöglich meine dritte große Liebe sind, sagte dieser zu mir, dass dies vielleicht ein Relikt meiner Neunzigerjahrejugend sei. Angeblich wurden in den Neunzigern viele Modefotos geschossen, auf denen Supermodels lange Hosen und Oberteile trugen, aber nackte Füße. Das klingt plausibel. Schließlich war dies auch die Zeit der kurzärmeligen Rollkragenpullover. So richtig lässt sich das Ganze aber leider nicht nachprüfen. Zwar finden sich in der Bildersuche entsprechende Fotos, eine Suchmaschinenanfrage nach den Neunzigern und nackten Füßen bringt aber nur verstörend viele Artikel über Quentin Tarantinos Fußfetisch hervor.

Mehr als satt

Es ist kompliziert, denn irgendwann gab es Genuss nur noch in Maßen. Kontrolliert und durchdacht, gerade beim Essen, gerade für Frauen. Seitdem essen wir und wenn wir Glück haben werden wir irgendwie satt. Viele werden es aber auch nicht. Sie sind nicht satt, nicht zufrieden, weil es in unserer gesundheits- und schönheitsbewussten Welt kaum noch möglich ist, eine unbeeinflusste Esserin zu. Essen ist leicht verfügbar, deshalb müssen wir es gut durchdenken. Brauche ich das wirklich, habe ich gut gekaut, welches Gefühl will ich vielleicht überdecken?