Alle Artikel mit dem Schlagwort: Das echte Leben

Sind wir fies und gemein wegen Monopoly?

Fragst du dich manchmal, wieso du dich mies verhälst, obwohl du eigentlich ein netter Mensch sein willst? Es könnte daran liegen, dass du in den 90ern Kind warst. Ich hatte zu dieser Zeit eine Freundin und zu dieser Freundin gehörte eine Familie. Die Familie war eigentlich von der entspannten Sorte. Sie verstanden sich gut und räumten abwechselnd die Spülmaschine ein und aus. Meistens war das Leben dort ruhig und alle ziemlich gelassen. Die scheinbare Idylle konnte aber sofort gebrochen werden, denn die Familie hatte eine gemeinsame Abhängigkeit: stunden – ja – tagelanges Monopoly. In einer, nun sagen wir mal, kämpferisch-angespannten Atmosphäre. Ganz egal, wie liebevoll sie unter der Woche miteinander waren, am Freitagabend mutierten sie zu schonungslosen Konkurrent*innen angesichts der unerschöpflichen Möglichkeiten der Geldvermehrung.

Gastbeitrag: Seid nett zu Kellnerinnen

Sommer: Draußensitz- und Biergartenwetter. Passend dazu ein Gastbeitrag von Juliane. Ich freue mich, er ist toll. Ich habe in meinem bisherigen Arbeitsleben sehr viele Restaurants gesehen. Manchmal muss ich innehalten und mir sagen, ist schon ok, weil ich kurz denke, dass ich mir etwas anderes suchen sollte. Es passiert auch, dass meine Eltern, Bekannte oder Freunde mir sagen, ich könnte doch etwas anderes machen, mit meinem Potential. Ich beruhige mich damit, dass ich eben studiere, das Geld brauche und das Ganze bald vorbei sein wird. Wenn ich dann endlich einen richtigen Job habe. Im Grunde genommen, bin ich also Teil des Problems. Ich sehe diese Arbeit als eine Vorstufe zum richtigen Job, als eine niedrigere Vorstufe. Bei meiner ersten Kellnererfahrung sagte mir meine Kollegin, bei der ich mich bewarb: „Bist du sicher? Kellnern ist hart.“ Sie meinte nicht nur die körperlich wirklich anstrengende Arbeit. Zwischen Servicepersonal und Gästen gibt es eine klare Hierarchie. Für Frauen und Mädchen ist der Wertschätzungsgraben noch einmal um Einiges tiefer. Manchmal ist es sehr dunkel da unten. Als Frau bist …

„Ein Rock verleiht auch Autorität.“ – Berufskleidung über den Wolken

IN DER LETZTEN WOCHE erreichte die Geschichte von Nicola Thorp auch die deutschen Feuilletons von Süddeutsche, ZEIT bis FAZ. Die Zeitarbeitskraft sollte als Rezeptionistin im Londoner Büro der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers arbeiten, weigerte sich aber High Heels mit 5 cm-Absatz zu tragen und wurde nach Hause geschickt. Inzwischen hat Thorp eine Petition gestartet und Frauen posten aus Solidarität Fotos von sich in flachen Schuhen im Büro. Darf ein Arbeitgeber Kleidungsvorschriften machen, die eine bestimmte Art von Weiblichkeit einfordern? Rein rechtlich, ja. Es gibt sie bei Banken, Juwelieren oder Parfümerien. Als ein Pilot der Lufthansa vor zwei Jahren klagte, weil er seine Pilotenmütze nicht tragen wollte,  – Den Pilotinnen war das Tragen freigestellt. – gab ihm das Bundesarbeitsgericht Recht. Es bestätigte aber auch, Kleidungsvorschriften für Männer und Frauen dürfen unterschiedlich sein. Ich habe nur zwei internationale Tourismusbörsen als Messehostess auf hohen Schuhen verbracht und kann unumwunden zugeben, diese Erfahrung hat mir Promotionjobs und hohe Schuhe nachhaltig verleidet. Aber nicht bei jeder Arbeit, die feminine Kleidung vorsieht, ist eine Bierhalle in unmittelbarer Nähe… Deshalb habe ich bei Lisa …

Von der Schönheit zufälliger Begegnungen

Irgendwann in Frankreich fand ich eine Metrostation nicht. Das lag nicht nur an meiner Unkenntnis der Stadt. Es lag daran, dass mir viel im Kopf herum ging. Nach einigen Praktikumsmonaten überlegte ich, mein Studium dort zu Ende zu bringen. Das Für und Wider waberte in meinem Kopf. Immer noch nicht fündig geworden, setzte ich mich auf eine Bank. Eine Frau kam dazu. Irgendwann schaute sie herüber und fragte: „Woher kommen Sie?“ Wir redeten, mein Französisch war noch nicht wirklich weit, aber es ging. Ich verlor kein Wort über meine Gedanken zum richtigen Weg in die Zukunft. Dann fragte sie unvermittelt: „Sind Sie abenteuerlustig?“ Ich antwortete zögernd. Das Gespräch verging, aber der Satz hatte sich in festgebohrt. Danach war es klar. Ich würde es nicht machen. Wie ungefähr 99,9% der Weltbevölkerung finde ich es von Zeit zu Zeit schwer mit diesem Leben. Manchmal dreht man sich in einem sehr grauen Kinderkarussell mit nichts als den eigenen Gedanken als Mitfahrer. Dann trifft man sie. Diese zufälligen Menschen. Ich hatte bisher ein paar dieser zufälligen Begegnungen. Zwei auf einer …

Langhaarmädchen

Lasst mich euch von den Langhaarmädchen erzählen. Ich war 10 Jahre alt und hätte man die 25 Kinder in meiner Klasse in einer Schlange bis zum Horizont aufgereiht, die Sonne hätte das Langhaarmädchen getroffen und sie glitzern lassen. Dieses Mädchen war klug und beliebt. Es hatte ein hübsches, rundes, symmetrisches Gesicht, blaue Augen und dicke, blonde Haare, die genau die richtige Anzahl Wellen hatten, um nicht lockig zu sein und auch nicht wie Schnittlauch herabzuhängen. Wenn wir uns in langweiligen Mathestunden alle ein Haar ausrissen, um es lang zu ziehen und am Lineal abzulesen, wer die längsten Haare hatte, die schönsten, die Prinzessinnenhaare, gewann immer das Langhaarmädchen. Ihr gelangen die Dinge. Sie war ein wenig frech aber nie zu sehr. Über sie hätte man ein Kinderbuch schreiben können. Eines von denen, die immer im besten Sommer der Kindheit spielen und in denen es nie getrennte Eltern gibt. Die anderen Mädchen liebten sie. Die Lehrer liebten sie. Aber am Wichtigsten – die Jungen liebten sie. Ich hatte schnell beschlossen, dass das Langhaarmädchen meine Rivalin war. Es war …