Alle Artikel mit dem Schlagwort: Leben mit Kind

Ich habe die Studie zu Regretting Motherhood gelesen. Wenn ich mir die Artikel dazu anschaue, war ich wohl die Einzige.

„Mutter sein heißt, kleine Atemzüge hören und leichte Herzschläge, scharfäugig werden wie ein Tier des Waldes für alle Gefahren, mutig sein im Stillen wie kein lauter Mann in Waffen, schaffen mit allem Blut, das einem gegeben ist, über sich hinauswachsen in allen Fähigkeiten des Wachens, Hungerns, Liebens und Handelns, vor allem aber sorgen. Mutter sein heißt, in Sorgen glücklich sein.“ Jean-Jacques Rousseau, Emile *** Uff. Über 250 Jahre alt ist das Zitat und scheint trotz veralteter Sprache erstaunlich aktuell. Mutter sein heißt Mutter sein – mit Haut und Haar, mit Blut und Schmerzen. Nicht weniger aber vor allem nicht mehr. Mutter, nicht Frau, nicht Geliebte, nicht Geschäftsführerin, nicht Gott-weiß-was. Es gibt keine doppelte Identität neben der Mutter. Dass das nicht besonders viel Spaß macht, war Rousseau bereits damals klar, „in Sorgen glücklich sein“. Sorry, mehr ist nicht drin.

Raus aus der Neoliberalismus-Hölle

Die Erkenntnis lauert oft an ungewöhnlichen Orten. Bei mir hatte sie sich im Wirtschaftsteil versteckt. Nach der Lektüre war mir klar: bei uns zu Hause regiert der Neoliberalismus. Das ist das, was in den 80ern super war, dann böse (2000er) und schließlich wieder cool (Leonardo DiCaprio in der Wolf of Wall Street.) Oder anders: der Staat (also der Papa und ich) hat immer weniger zu sagen. Dafür wird der Wettbewerb gesichert und stetig vorangetrieben. Der ungebremste kalte Wettbewerb. Er hat sich aufs Perfideste in unsere heimelige Dunstglocke geschlichen: als Erziehungstipp. Ich war an der Entwicklung also nicht ganz unschuldig. Vermutlich ist euch das noch nie begegnet, aber manchmal wollen Kinder nicht wie man selbst. Anziehen zum Beispiel oder auch Ausziehen. Dann las ich irgendwo: „Machen sie doch aus dem abendlichen Aus- und Umziehen einen kleinen Wettbewerb.“ Das klang genial und nach dem ersten Versuch wusste ich, das ist genial. Das Kind liebte es und ist zudem noch in dem Alter, indem als Anreiz „Wer zuerst fertig ist, hat gewonnen.“ genügt. Ich hatte den Stein der Weisen gefunden. …

Spoiler: Babycontent, Vereinbarkeit und Persönliches

Ich hatte Angst vor diesem zweiten Kind. Ich konnte mich zu gut an die ersten 18 Monate mit dem Ersten erinnern. Wie ich morgens im Halbdunkeln erschöpft durch die Wohnung stolperte, im Kopf nur einen Gedanken: „Lass sie nicht fallen.“ Wenn ich Besuch die Tür öffnete, kam es vor, dass mir wie automatisch die Tränen über die Wangen liefen. Ich ging ungern ans Telefon, weil ich nicht erzählen wollte, wie es war. Über gut gemeinte Hilfe wie „Schlaf, wenn das Baby schläft.“ konnte ich nur sehr, sehr müde lächeln. Dieses Baby schlief nie mehr als 15 Minuten am Stück. Das Aufwachen aus der gerade begonnenen komatoösen Ruhe war schlimmer als wach zu bleiben. Mein Partner und meine Eltern waren immer da, aber die Wohnung klein, die Lunge stark und das schlechte Gewissen mein ständiger Begleiter. Ich wollte Mutter sein. Ich war verzweifelt darüber, dass es nicht zu klappen schien, dass ich es vielleicht nicht besaß. Mutterinstinkt, die Gabe, ein Kind zu beruhigen, innere Ruhe, Entspanntheit. Der schlechte Schlaf machte nicht nur mir zu schaffen. Das …

Die Ruhmeshalle abgestorbener Körperteile

Nennt mich kaltherzig und unemotional. Wenn ich in Wohnungsfluren vorbei gehe an in Gips gegossenen schwangereren Bäuchen und Brüsten, die man zur Zierde an die Wand genagelt hat, schaudert es mich ein wenig. Aus der Raufasertapete ragende 3D-Babyfüße und Hände lösen bei mir kein seufzendes „Wie Süß!“ aus, sondern erinnern mich an Horrorfilmsequenzen, in denen sich Gestalten langsam aus der Wand materialisieren. Das geht selten gut aus. Das Sammeln von Memorabilia als Beweis für die eigene Fortpflanzungsfähigkeit geht aber bereits viel früher los. Als jemand, in dessen Amazon-Bestellhistorie sich ein 100er Pack Schwangerschaftstests befindet, bin ich vertraut mit der Gefühlsachterbahn, die deutlich vor dem erwarteten Ereignis einsetzen kann. Wer zirka 3000 Mal den eigenen Testzyklus-aus-der-Hölle durchlaufen hat, (Gedächtnisprotokoll des inneren Monologs: Mhm, Frühtest möglich 10 Tage nach Befruchtung am Besten morgens, soll ich? – Schaut auf die Uhr – 19:30 Uhr – Ach, ich mach mal. – Moment, ist das eine zweite Linie? – Ok, konzentriere dich: 9 Tage nach dem positiven Ovulationstest & 8 und 3/4 Tage nach dem Sex  – Könnte sein? Bitte, bitte. …

Wintergeburtstag oder Mama hat es schon immer gewusst.

Es wird langsam Zeit, dass ich vorbaue. Beim ersten Kind habe ich die Chance verpasst & hatte auch noch keinen Blog. Nun ist das Baby fast drei Wochen alt & ich sollte loslegen. Ich stelle mir das Ganze so vor: Man will ja immer das Beste für sein Kind. Manchmal macht einem das Leben aber einen Strich durch die Rechnung oder man selbst hatte einfach keine Lust, etwas anders zu machen. So ehrlich muss man sein. Beide Szenarien schützen nicht vor späteren Vorwürfen des Nachwuchses. Merke: Es gibt immer Dinge, die man anders hätte machen können aber nie richtig. Beispielsweise wird meine Tochter ihren Namen irgendwann blöd finden. Die große Schwester tut das jetzt schon & hätte sie gern Schildkröte oder Anna genannt – inklusive eigener Umbenennung in Elsa. Wir hätten dann bis zur vollkommenen Glückseligkeit des Kindes nur noch ein Rentier und einen sprechenden Schneemann gebraucht. Aber ich schweife ab.