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Herr von Uslar spielt „Ich habe heute leider kein Foto für dich.“

Herr von Uslar ist ein dufter Typ. Er schreibt in der großen Wochenzeitung mit den vier Buchstaben. Dort stellt er Frauen und Männern Fragen – manchmal 99, manchmal weniger bei einem Frühstücksei. Zwischen den Fragen beschreibt er seine Eindrücke. Das machen Journalisten so.  Bei den Frauen klingt das so.

Lady Gaga

„Jetzt kann man sie ja noch mal genauer anschauen: ihre niedlichen zwei Hasenzähne, angenehm mittelhübsches Gesicht. Nackte Beine, maximal kurze, am Bein ausgefranste Jeans-Hotpants, oben herum irgendwas Leopardenprint-Artiges. Unter dem Oberteil sind, auf eine nicht anstrengende, nicht besonders aufreizende Art, ihr BH und ihr Busen zu sehen. Man merkt, dass ihr Körper für sie einfach Teil ihres Arbeitsmaterials ist, das sie, im Rahmen ihres Unterhaltungsprogramms, gewohnt ist auszustellen.“

„Da sitzt eine kleine, ziemlich nackte, nicht weiter spektakulär aussehende Frau, die raucht und interessante Dinge erzählt.“

Palina Rojinski 

„Sie ist hübsch, ohne blendend schön, schlau, ohne umwerfend intelligent, lustig, ohne schreiend komisch zu sein – also ideal für den Bildschirm.“

„Man muss ihr jetzt einmal einen Gefallen tun und ihr eine Modefrage stellen, zum Beispiel nach ihrer Jeans.“

„Die roten Haare von Palina Rojinski wären ein tolles Thema gewesen. Fragen, die der Interviewer leider nicht gestellt hat, lauten: Ist Ihr Haar echt? Woran erkennen Sie echte Rothaarige?  (…) Nervt die sicher oft gedachte, selten gestellte Frage, ob Ihre Schamhaare auch rot sind? Weiter mit nicht ganz so interessanten Fashion-Fragen an Palina Rojinski.“

Anna Netrebko

„Gerüchte, sie habe sagenhaft viel Gewicht zugelegt, treffen nicht zu. Sie sieht auf natürliche Art nicht dünn, aber auch nicht dick aus – wie ein buntes, süßes Bonbon: erfreuliche Erscheinung.“

Maria Furtwängler

„Blick auf den Sessel rechts neben dem Interviewer: Wow, das ist schon eine sehr foxy aussehende Frau.“

Anja Reschke 

„Sie sieht schon toll aus, also exakt so, wie man sich eine dieser Hamburger Medien-Blondinen vorstellt, die auf den Gängen des Gruner + Jahr-Verlags und des NDR herumstehen, dabei ist Anja Reschke in München geboren und aufgewachsen.“

Barbara Schöneberger

„Um es mit dem alten Harald Schmidt zu sagen: Sie sieht natürlich sensationell aus (blondes Big Hair à la Dolly Parton, super Figur und so weiter).“

Was haben wir jetzt gelernt? Herr von Uslar wäre offensichtlich gerne Heidi Klum. Er mag klassische Blondinen lieber. Was wir leider nicht wissen ist, wie Herr von Uslar Leander Haußmann, Peer Steinbrück, Olaf Scholz, Frank Castorf … so optisch findet. (Nur bei Mark Wahlberg verfiel er mal in Bewunderung: „Er wiegt 82 Kilogramm, sein Bizeps ist perfekt und sein Hintern auch bald..“) Hätte mich interessiert. Gehört ja offensichtlich zum journalistischen Interesse.

Foto: flickr – AndYaDontStop -CC by 2.0

16 Kommentare

  1. Das besonders Üble ist, dass dem Typen wahrscheinlich nicht mal auffällt, was er da eigentlich macht.

    • pakagunies sagt

      Das Unterschied ist, dass es Menschen gibt, die Herrn von Uslar seine Beschreibungen verübeln, während sich Herr von Uslar über die Beschreibungen von Corinna oder Herrn Spengler riesig freut.

    • Bestellen Sie ihm doch mal einen Gruß, Sie scheinen ihn ja gut zu kennen (und die Frauen im Allgemeinen und Besonderen anscheinend auch). Alles Gute, CorinnE.

    • pakgunies sagt

      Ja, mache ich.
      Wie Sie zu dem Schluss kommen, dass ich die Frauen gut kenne, verstehe ich aber nicht. Ich kenne Frauen nicht im Allgemeinen und nur ein bisschen im Besonderen. Ich weiß aber, dass Menschen andere Menschen bewerten und das nicht nur sachlich, sondern auf ganz verschiedenen Ebenen. Wobei die erotische und die intellektuelle größere Bedeutung haben. Für die seelische Gesundheit aller Menschen kann es nur gut sein, wenn man diese Wertungen nicht immer für sich behält. Und es ist auch ganz heilsam für den Seelenfrieden aller Menschen, wenn man ab und zu erfährt, wie man von anderen Menschen bewertet wird. Auch wenn das nicht immer nur angenehm ist.
      Also: Gegen Zensur und für weniger Empfindlichkeiten im gemeinsamen Umgang!

    • Ich sage: Für mehr Empathie und das Mitdenken der Befindlichkeiten des Gegenübers im gegenseitigen Umgang. Weil nichts weniger hilft als das Verhärten von Fronten. Dann sagen wir doch einfach: We agree to disagree.

  2. Danke, das war mal nötig. Habe das Lady-Gaga-Interview gelesen und fand diese Beschreibung Ihres Aussehens so zum Kotzen. Was für ein ätzender Typ. Ich finde seinen Interview-Stil auch total unlustig und verletzend.

  3. Ich stelle mich gerne zur Verfügung, falls es jemand nach der ZEIT-gerechten Beschreibung seiner Physiognomie gelüstet. Er hat etwas von einem Serienkiller auf Freigang, nicht viel, aber auch nicht zu wenig. Etwas vom Boxer mit ner Friedenstaube im Handschuh. Ein Bild gefällt mir besonders gut: Da changiert er bißchen zwischen Marlboro Man kurz vorm Exitus und Steve Buscemi nach einer Zahnsanierung.

  4. Corinna sagt

    Wahnsinnstyp, dieser Herr von Uslar. Not. Wahrscheinlich auch nur so mittelokayes Aussehen und Durchschnittshintern. Ach, Moment – er ist ja ein Mann. Da verzichtet man natürlich auf derartige Beschreibungen.

    • pakagunies sagt

      … man schon, fra(u) vielleicht weniger.
      Wenn Frauen aber angeblich doch lieber darauf verzichten, Männer aus ihrer erotischen Perspektive zu beschreiben, spricht das weder besonders für die Frauen noch gegen Herrn von Uslar.

    • Bettina sagt

      weil?
      gut, wenn man Frauen interviewt, deren Aussehen Teil ihres Berufes ist, aber Journalistinnen?

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