Als ich heute Morgen noch vor Sonnenaufgang Twitter checkte (Aufmerksame Leserinnen werden nun wissen, dass ich mich in den Internetflitterwochen befinde.), trendete dort Bob Ross, war also eines der meistbenutzten Wörter. Bob Ross, der Kultmaler mit Miniplifrisur. Der Grund? Twitch, eine Platform auf der man sonst anderen beim Computerspielen zuschaut, überträgt alle 403 Folgen des Ross’schen Malkurses The Joy of Painting in endloser Endlosschleife hintereinander. Start war am Freitag, die letzte Folge wird am 6. November laufen. Und Millionen schauen zu, wenn sich pittoreske Schneeszenerien mit erhabenen Bergpanoramen & abgelegenen Bauernhütten paaren …und immer noch irgendwo ein Baum reinpasst. (Bei uns gibt es die Beinahe-Endlosschleife übrigens auf BR alpha, wo zu den verschiedensten Tages- & Nachtzeiten täglich Folgen ausgestrahlt werden.) Was fasziniert so an der Sendung, die nur einen Mann vor Leinwand in dunklem Studio zeigt? Einer Sendung, bei der man als Zuschauerin jeden Pinselstrich begleitet. In Echtzeit. Weiterlesen
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Die Frau, die findet, Radfahren macht dicke Oberschenkel, schreibt jetzt Lena Dunhams Newsletter
Wenn ich etwas gut finde, finde ich es lange gut, manchmal einfach aus Prinzip. So geht es mir mit Lena Dunham. Ich mochte sie & ihre Serie GIRLS, ihr Buch und habe mich auf den von ihr vor einigen Wochen gelaunchten Lenny-Newsletter gefreut. Nicht zuletzt, weil mich die professionelle Art ansprach, mit der sie das Ganze vorantrieb. Bereits vor der ersten Ausgabe ordentlich Aufmerksamkeit auf den dazugehörigen Social Media – Kanälen generiert & zum Auftakt ein Interview mit Hillary Clinton. Nicht schlecht. Dass es auch ein bisschen um Produktempfehlungen gehen sollte, also ums Verkaufen – völlig in Ordnung. Im Gegenteil, gut, muss nicht zwangsläufig die Maxime jedes (weiblichen) Netzangebotes sein, sich erstmal selbst auszubeuten.
Anfang der Woche flatterte die 4. Ausgabe in den digitalen Postkorb. Diesmal erklärt Celebrity-Trainerin Tracy Anderson in einem Essay Warum wir in unseren Zwanzigern unbedingt mit dem Workout anfangen müssen (also eigentlich schon viel zu spät dran sind). Das verwundert nicht, da Lena selbst vor zirka einem Jahr zum täglichen Workout fand, was diverse Instagram-Posts beweisen. Ihre Trainerin scheint mittlerweile auch eine Freundin zu sein, man sieht sie oft zusammen, schreibt sich süße Nachrichten auf Twitter & quetscht sich in die Wahlkabine, um Nichtwähler an die Urne zu bringen. Der regelmäßige Sport habe ihr dabei geholfen, sich besser zu fühlen & ihre Depression in den Griff zu bekommen, sagt Lena. Das freut mich, good for her.
„Waiting to exercise later in life, when our metabolism slows down and being fit requires more work, is no longer an option. (…) When we don’t move regularly, strategically, and effectively year after year, other symptoms may arrive: depression, anxiety, obesity, fatigue, and many other things we like to blame on hormones, chemical imbalances, or shitty relationships.“
Warum dreht sich mir trotzdem ein bisschen der Magen um (was Tracy vermutlich begrüßen würde, aber zu Kalorien später mehr), wenn ich sehe, dass Anderson im Newsletter ihre Methode bewerben darf? Der Text an sich ist noch ok, wenn ich ihn auch nicht als besonders passend für das Medium empfinde. Wer nicht früh eine Routine etabliert, kriegt es nachher nicht mehr hin & hat das Zeitfenster verpasst, schreibt sie. Also ein bisschen wie Anti-Aging Creme, die auch unbedingt vor den ersten sichtbaren Fältchen eingesetzt werden muss. Sei gut zu deinem Körper, geht es weiter, gesund ernähren, keine Vitamine in Pillenform schlucken, denn dein Körper will nicht den ganzen Tag in formender Unterwäsche verbringen müssen. (Newsflash: Muss er auch nicht, wenn er noch nicht top gestählt ist, aber das nur am Rande.)
„Our bodies don’t want to drink the Kool-Aid of trends and quick fixes, to inhale a vat of chemicals condensed into a pill, or to live every day in Spanx.“
Garniert wird der Text mit gesunder Körper/gesunder Geist & Erkenntnissen wie „Frauen rennen heute nicht nur einen Marathon sondern auch direkt in die höchsten Ämter.“ Ok, man hat schließlich auch anderswo erkannt, dass sich mit einer Prise Girl-Power (90er & Nuller) oder Empowerment (jetzt) auch ganz gut was verkaufen lässt – Stichwort Kosmetikmarken & wahre Schönheit.
Um den Text an sich geht es mir auch nicht vordergründig. Es geht darum, was dahinter steht. Zur Autorin findet man im Lenny-Newsletter folgenden Hinweis.
Tracy Anderson is a fitness expert and creator of the Tracy Anderson Method, a revolutionary fitness methodology that has transformed the lives of millions of people across the globe with customized training, DVDs, and more.
Bevor Tracy sich Lena annahm, hatte sie sich in Promikreisen bereits einen Namen als Drillinstructor von Sehnenfrau Madonna & Vollzeitelfe Gwyneth Paltrow gemacht, die sie allerdings in einem bedauernswerten Zustand vorfand. Gwyneths Hintern war „lang und leblos“ (Zitat Anderson) bevor Tracy ihm zu Hilfe eilte. Ich habe nichts gegen Workouts, ich habe nichts gegen Sport. Aber ich rümpfe die Nase bei Verbissenheit & falschen Standards & Prämissen. Tracy Anderson, eine Ex-Tänzerin, hat für ihr Programm (90 Minuten Sport am Tag, sechs Tage die Woche plus Ernährungsplan) ein ganz besonderes USP geschaffen. Ihre „Workouts formen den Körper auf eine feminine Art.“ (Zitat der Website, die ich nicht verlinken möchte), im Englischen warnt sie gebetsmühlenartig vor dem gefährlichen to bulk, als einem Zuviel an Muskeln an den falschen Stellen, die den Körper unweiblich erscheinen lassen. Das ist auch der Grund, warum Radfahren, genauer Spinning, bei ihr unten durch ist. Wer kann als Frau schon muskulöse Oberschenkel wollen?
Wer sich durchquält, darf aber natürlich auch was essen. Nach Plan versteht sich. Diverse Fitnessblogger haben die Pläne zu ihren drei Programmen unter die Lupe genommen. Mit täglich 700 bis 1.000 Kalorien hat man definitiv zu wenig für anderthalb Stunden Sport am Tag & sogar zu wenig für 2-3 Stunden Essensvorbereitung. Womit wir bei 4 Stunden täglich, also einem ordentlichen Halbtagsjob im Sinne der Selbstoptimierung angekommen wären. Soviel Ungesundes & Kreisen um den eigenen Körper ist gefährlich. Das fand auch die British Dietetic Association (BDA) & Charity Beat, die 2014 vor dem Programm warnten. US-Bloggerin Rebecca Wilcox zog bereits 2011 nach 30tägiger Testphase das Fazit: „Die Tracy Anderson Methode ließ mich halbverhungert und nahe der Ohnmacht zurück.“
Ein toller Körper, so wird suggeriert, ist ein toller Körper, wenn man den sportlichen Aufwand möglichst nicht sieht. Wenn man seine Weiblichkeit, seinen mädchenhaften, schwach aussehenden (?) Körper nicht verliert. Da kann man auch gern mal auf der Metaebene gesellschaftlicher Machtstrukturen drüber nachdenken. Frauen dürfen bei Anderson nicht mit Gewichten über 1,5 Kilo trainieren wegen dem bösen Muskelaufbau an den falschen Stellen. Dagegen, dass wir den Wochenendeinkauf schleppen hat aber keiner was, soweit ich weiß. Gesund ist nur die schlanke Frau, die am Besten Pilates, Yoga oder eben ein Ballerinaworkout à la Tracy macht. Oder, um es mit Tracy zu sagen: „Perfection is possible.“ – der Werbespruch ihres 30-Tage-Programms.
Das ist das Programm, dem Lena in ihrem Newsletter Raum gibt. Ein bisschen so, als würden mir die wunderbaren Frauen im Lila-Podcast erzählen, dass sie jetzt total gern Workouts machen – und zwar nach dem „Size Zero – Abgerechnet wird am Strand“ – Plan. Lena Dunham mag selbst noch so ein positives Körperbild vermitteln, sie formt Tracys Bild eben nicht allein. Während Lena sich mit ihren Folllowern über die Idee einer Waage ohne Zahlen freut,
freut sich Tracy über ihren neuen Boden, der ein bisschen wie ein Trampolin funktioniert & so dafür sorgt, dass man mit jedem Schritt noch mehr verbrennt.
In Interviews verkündet sie, dass sie durchaus Pommes mag, aber eben nicht, wenn sie in diesem & jenem Öl frittiert sind. (10 Sorten Öl schließt sie aus, ich schätze das war’s dann wohl mit den Pommes.)
Das ist es, was mich ärgert. Nur weil man versucht, auf ein ziemlich fragwürdiges Fitness- & Ernährungsprogramm Selbstliebe als Grund für Sport drauf zu schreiben, obwohl verdammt viel Potential für Selbsthass drinsteckt, gewinnt man bei mir keinen Blumentopf. Lena Dunham mag das nicht tangieren. Sie hat ihren Weg gefunden & pickt sich wahrscheinlich heraus, was zu ihr passt & kann beim Rest ganz gut auf Durchzug schalten. Das können aber nicht alle. Deshalb gibt bessere Allianzen. Sport, Bewegung, Körperbewusstsein, Schwitzen & sich gut dabei fühlen darf man gern überall bewerben. Tracy Anderson hat die zusätzliche Werbung weder verdient noch nötig.
Foto: flickr – CC by 2.0 Hans-Jörg Aleff
Von der Freude, Kinder zu bekochen – Unfinished Business von Ann-Marie Slaughter
Ann-Marie Slaughter hätte auch ein ganz anderes Buch schreiben können. Sie ist ihn gegangen, den Weg der richtig erfolgreichen Frauen. In ihren 20ern & 30ern hat sie ungezählte Stunden gearbeitet, die Karriere vorangetrieben. Zur Feier der Verleihung ihrer ersten Professorenwürde wollten ihre Eltern unbedingt den Lehnsessel im Büro ihres Professors sehen – auf dem sie mehr Nächte verbracht hatte als im eigenen Bett.
Es folgten die lebenslange Professur, eine Ehe & zwei Söhne. Dann ereilte sie der Ruf nach Washington, Außenministerin Clinton wollte sie in ihrem Stab. Perfektes Timing, die beiden Söhne (10 & 12 Jahre) waren aus dem Gröbsten raus, sie konnten auf sich selbst aufpassen. Außerdem gab es schon immer auch den Vater, der von jeher flexibler mit seinen Arbeitsstunden war.
Angekommen auf dem Gipfel, wieder in einer Position, die vorher noch nie von einer Frau besetzt war…bat Slaughter Hillary Clinton nach 18 Monaten darum, wieder gehen zu können. Sie wollte zurück. Und sie nannte nach einiger Überlegung den Grund: ihre Kinder, insbesondere der älteste Sohn. Sie hatte das Gefühl zu fehlen, dass ihr etwas fehlte. Weiterlesen
Von der Freude, Kinder zu bekochen – Unfinished Business von Ann-Marie Slaughter
Ann-Marie Slaughter hätte auch ein ganz anderes Buch schreiben können. Sie ist ihn gegangen, den Weg der richtig erfolgreichen Frauen. In ihren 20ern & 30ern hat sie ungezählte Stunden gearbeitet, die Karriere vorangetrieben. Zur Feier der Verleihung ihrer ersten Professorenwürde wollten ihre Eltern unbedingt den Lehnsessel im Büro ihres Professors sehen – auf dem sie mehr Nächte verbracht hatte als im eigenen Bett.
Es folgten die lebenslange Professur, eine Ehe & zwei Söhne. Dann ereilte sie der Ruf nach Washington, Außenministerin Clinton wollte sie in ihrem Stab. Perfektes Timing, die beiden Söhne (10 & 12 Jahre) waren aus dem Gröbsten raus, sie konnten auf sich selbst aufpassen. Außerdem gab es schon immer auch den Vater, der von jeher flexibler mit seinen Arbeitsstunden war.
Angekommen auf dem Gipfel, wieder in einer Position, die vorher noch nie von einer Frau besetzt war…bat Slaughter Hillary Clinton nach 18 Monaten darum, wieder gehen zu können. Sie wollte zurück. Und sie nannte nach einiger Überlegung den Grund: ihre Kinder, insbesondere der älteste Sohn. Sie hatte das Gefühl zu fehlen, dass ihr etwas fehlte. Es war eine schmerzliche Entscheidung, die Ann-Marie Slaughter in einem Essay im Atlantic beschrieb, der 2012 eine Welle der Sympathie aber auch des Unverständnisses bis hin zur Empörung hervorrief. Er titelte Why Women Still Can’t Have It All & ist bis heute eines der meist geklickten Stücke auf der Website.
„I had suddenly become categorized and subtly devalued as just another of the many talented and well-educated women who showed great promise at the start of their careers (…) but then made a choice to take a less demanding job, work part-time, or stop working entirely to have more time for caregiving.“
Die öffentliche Diskussion brandete auf, auch wenn Ann-Marie Slaughter faktisch in ihre alte Position an der Universität zurückkehrte. Sie arbeitete Vollzeit, aber war bewusst einen Schritt zurück gegangen. Hatte sie jetzt nicht alles verraten wofür die FrauenTM gekämpft hatten & nicht zuletzt sich selbst betrogen? War das nicht der Karriereweg, den genau Slaughters Generation jungen Frauen immer predigte? Sich reinhängen, den Lean In – Moment nicht verpassen, ranklotzen & dann die Freiheiten einer höheren Position genießen, wenn es Zeit für Kinder ist. Um dann wieder Gas zu geben, wenn diese wieder weniger Aufmerksamkeit brauchen. Schließlich ging es hier nicht um die Kleinkindbetreuung. Was brauchten pubertierende Jungen ihre Mutter?
Jetzt, drei Jahre später, ist Slaughters Buch erschienen. Unfinished Business heißt es, auf dem Cover prangt ein Post-it mit der Aufgabenliste (Frauen, Männer, Arbeit, Familie). Slaughter schreibt über ihren Werdegang, persönlich & mit klarem Blick auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Hinterfragt & nimmt auseinander. Sie zitiert Studien, demontiert Mythen über Frauen in der Arbeitswelt & in der Mutterrolle & sagt auch wieder: ich spürte eine Verpflichtung als Mutter, da zu sein, die ich wahrnehmen wollte.
Es ist ein sehr amerikanisches Buch, das aus einem Land berichtet, indem es keinen Mutterschutz oder Elternzeit gibt & für weite Teile der Bevölkerung keine bezahlbare Kinderbetreuung. Ein Land, indem man einen guten Job gelandet hat, wenn dieser einen Tag bezahlten Urlaub pro Monat bietet. Es ist aber auch ein sehr amerikanisches Buch, weil es von funktionierenden Frauennetzwerken spricht, von einer größeren Selbstverständlichkeit des Aufstiegs.
„I began to wonder why success as a woman, or indeed as a man, meant privileging career achievement above all else.“
Und Slaughter schafft es, den Blick dafür zu öffnen, dass das Problem ungeachtet des Landes, ungeachtet der Rahmenbedingungen, besteht. Dass es um ein Umdenken in den Köpfen geht. Hiefür müssen Wahrheiten ausgesprochen werden. Den richtigen Partner zu finden, wie es auch Sheryl Sandberg sagt, ja, das ist eine der wichtigsten Karriereentscheidungen, um gleichberechtigt teilen zu können.
„Women who plan to accept every promotion and move wherever the company wants them to go will need a spouse who supports them by taking on the full load, or at least the primary load, at home – exactly as male CEOs have always needed.“
Für den Aufstieg bis ganz nach oben reicht das aber nicht. Slaughter erzählt von Vorstandsfrauen, die alle den role reversal, den Rollentausch, leben. Ab einem bestimmten Punkt ist es vorbei mit der Vereinbarkeit & die Wirtschaft fordert ihr Recht – ob von den Männern oder den Frauen. Nicht zu vergessen auch, dass der Aufstieg nicht nur vom eigenen Biss & Durchsetzungswillen abhängt.
„The mommy (or daddy) track is the opposite of the leadership track, but why? (…) The deep assumption is that the fast track is the only track. As a society we lose massive amounts of talent. We lose the distance runners, the athletes with the endurance, patience, fortitude, and resilience to keep going over the long haul.“
Dass das Leben nicht auf Knopfdruck funktioniert. Es kommen nicht gefundene oder abhanden gekommene Partner dazwischen, unerfüllte Kinderwünsche & durchaus auch eigene Muttergefühle. Die up or out – Mentalität beim Karrieremachen steht dem entgegen – und kostet uns alle eine Menge verschenktes Potential. So kristallisiert sich eine nicht neue Wahrheit heraus, die man trotzdem nicht oft genug aussprechen kann. Ich bin der Meinung, sie ist auch der Grund, warum so viel über Vereinbarkeit gesprochen wird & so viele sich unwohl fühlen. Es geht nicht nur um den Kitaplatz von 8 bis 20 Uhr, es geht um das tiefe Gefühl, dass etwas falsch läuft.
„…much broader social, political, and cultural change is necessary. It cannot be achieved within the system, cooperation by cooperation, one progressive CEO at a time.“
Die Wirtschaft braucht & verlangt nach Frauen. Wir mögen, obwohl noch ein Stück Weg vor uns liegt, in einer guten Zeit leben, in der das Durchstoßen der gläsernen Decke theoretisch möglich ist. Altruistisch aber handelt Politik & Wirtschaft nicht. Jedes neue Vereinbarkeitsangebot muss bezahlt werden, aus Steuern, aus Arbeit. Auch wenn sich für den Staat die Aufzucht von Steuerzahlern locker lohnen sollte – sollte, müsste. Flexibilität für den Arbeitgeber widerum rechnet sich, wenn unterm Strich mehr oder zumindest gleich bleibende (meint häufig vor dem hinderlichen Ereignis eintretende) Arbeitsleistung für das Unternehmen dabei herauskommt. Deshalb ist auch der Weg von der Präsenzkultur zur Flexibilität ohne Naserümpfen noch weit. Das betrifft Frauen genauso wie Männer.
Es geht um die Frage: „Wie wollen wir leben?“. Eine Frage, die alle für sich beantworten müssen, die Verpflichtungen anderen Menschen gegenüber haben, seien es Kinder oder pflegebedürftige Angehörige. Männer wie Frauen müssen hier Antworten finden. Ja, selbst die flexiblen Singles müssen entscheiden, wie sehr sie Freundschaften pflegen & Freunden beistehen wollen. Wir wertschätzen das Arbeiten am eigenen beruflichen Fortkommen mehr als das Aufopfern für andere. Es ist kein Frauen, es ist kein Familienproblem.
Persönlich tangiert mich natürlich der Kinderteil trotzdem am Meisten. Es ist leicht, wenn man sich für Feminismus interessiert, fast alles zu beklatschen, was aus dem anglo-amerikanischen Raum kommt. Irgendwie sind sie immer ein wenig unaufgeregter, cooler & früher dran mit den Diskussionen. Tatsächlich ging es mir auch hier so & ich glaube, es ist der Grund, warum ich Slaughters Buch so mochte.
„One of the things I never expected about being a mother is the sheer pleasure I get out of watching my sons eat food I have cooked.“
Ich finde Kinder haben großartig. Es fällt mir schwer, Menschen zu verstehen, die keine wollen & ja, irgendwie sehe ich darin ganz konservativ den Sinn des menschlichen Daseins. Aber um Kinder genießen zu können, braucht es Zeit & Ruhe, viele Momente des Nicht-Gehetzseins, des sich-Einlassens, des fast klaren Kopfes, der sich nur dem Kind widmen kann. Momente, die immer schwerer zu finden sind im Hamsterrad der beruflichen Chancen & Selbstverwirklichung. Wahrscheinlich finde ich es deshalb so großartig, wenn Slaughter schreibt, wie gern sie Mutter ist, fern von aufoktroyierten Rollenbildern, aus denen man sich als emanzipierte Frau unbedingt befreien muss. Wenn sie schreibt, dass es sie zufrieden macht, wenn sie ihre Jungen bekochen kann. Solche Sätze kenne ich in Deutschland nur von Birgit Kelle. Wenn man sie sagt, rückt man sich in eine Ecke, in der man nicht stehen will. Vielleicht wird es Zeit, dass medial auch hier andere Stimmen zugelassen werden. Gegen das Schwarz-Weiß-Denken.
Foto: flickr – David Saddler – CC by 2.0
Bist du noch langweilig oder schon busy?
Ich habe mir vorgenommen, dass mein nächster Post sich nicht um meinen momentanen körperlichen Zustand dreht – also Verbot für alles mit Bäuchen & Babys. Das wird hart. Bringen es doch solche Zeiten mit sich, dass man nachdenkt – über das Leben, sich selbst & Dinge wie das eigene Alter. Damit habe ich prinzipiell kein Problem, weil ich gern jünger geschätzt werde. Und trotzdem zucke ich immer kurz zusammen, wenn ich Bachelor-Praktikanten bekomme, die mal locker Mitte der 90er geboren wurden.
Vor Kurzem wurde ich dann im öffentlichen Nahverkehr Zeugin eines Gespräches zwischen zwei – ich bin sehr schlecht im Alter schätzen – vielleicht 25jährigen. Weiterlesen





