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Wie Apple das Ende der Selfies einläuten will

Wisst ihr noch, damals, vor noch nicht einmal 72 Stunden, als ich noch sehr gelassen war? Ich habe gelogen in dem Post. Ich habe nämlich in den zwei Tagen durchaus auch ungeliebte Dinge getan: Sicherheitskopien vom Blog gezogen & die Apple-Software aktualisiert. Beim letzen Mal tauchte als böse Überraschung die Health App auf & ich dachte, es könnte nicht schlimmer kommen.

Dieses Mal haben sich die freundlichen Appleentwickler im Matewahn aber noch etwas viel Tolleres ausgedacht. Es gibt jetzt ein extra Album für Selfies in meinen Fotos. Für alle Selfies. Die werden irgendwie automatisch erkannt & zusammengesammelt. Vorbei sind also die Zeiten, in denen jemand zufällig beim Durchscrollen deiner Fotos bei deinen längst vergessenen Selbstporträts gelandet ist. Du weißt schon, die paar Mal als du leicht angeschlagen 50 mal hintereinander auf den Auslöser gedrückt hast & dann zu faul warst, die restlichen 49, die es nicht in den Filter geschafft haben, wieder zu löschen. Genau. Diese Fotos sind jetzt praktischer weise zum Zwecke der Peinlichkeit & des Fremdschämens alle an einem Ort versammelt. Eine prominent platzierte Galerie an Doppelkinn, schlechtem Licht, zugekniffenen Augen & dümmlichen Grimassen. Danke, Apple. Das wird die Demütigungs- & Erpressungskultur revolutionieren. Da hat man Jahre damit verbracht, social-mediaaffin so zu tun, als seien die geposteten Selfies kleine, zufällig entstandene Kleinode der eigenen Attraktivität. Bis man es schon selbst geglaubt hat. Um jetzt daran erinnert zu werden, dass hinter jedem veröffentlichten Bild mindestens zehn schlechte standen. Wie bei so einem der Photoshopretouche entlarvten Katalogmodel.

Warum einen Tempel des Narzissmus programmieren bevor ich, sagen wir mal, keine Angst mehr haben muss wegen Autocorrect Durchfall statt Duschgel zu schreiben? (Jaja, ich weiß, kann man irgendwo ausstellen.) Oder meine Apps alphabetisch anordnen kann. DAS würde meinem Ordnungssinn entgegen kommen.

Das Ganze kann nur ein perfider Plan sein, um das Ende des Selfies heraufzubeschwören & Instagram auszustechen. (Beim nächsten Update kommt dann der Food-Ordner.)

Denn seien wir mal ehrlich, was passiert, wenn man die ganzen Bilder auf einem Haufen sieht? Ich kann es euch sagen. Es wird einem sehr unbehaglich angesichts von so viel Transparenz & man wird es sich das nächste Mal zwei Mal überlegen, ob man auf den Auslöser drückt. Die ein oder andere wird angesichts der Bilderzahlen auch bemerken, dass sie mehr Selfies macht als Fotos von anderen Dingen. Wer möchte bitte, dass sein Telefon einem erklärt, was für ein selbstverliebter Narzisst (clevere Doppelung zur Verstärkung der Empörung) man ist? Wie bei einer unangenehmen Therapie kann man den Ordner nicht einmal löschen, sondern wird gezwungen, sich mit der eigenen Schwäche auseinanderzusetzen.

Ich möchte das nicht. Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der Apple meine Schwächen exponiert & mich am Ende womöglich noch zu einem besseren Menschen macht. Das bringt mein ganzes Weltbild durcheinander. Wie rücke ich das jetzt wieder gerade? Gibt es da eine App?

Foto: flickr – Maria Iglesias Barroso – CC by 2.0

6 Kommentare

  1. Katha M. sagt

    Haha, wie schön. Habe gestern noch gelesen, dass das Update auch eine Sicherheitslücke hat. Hast du schon 9.1. installiert, vielleicht ist der Ordner dann weg?

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