Autor: Corinne

Wie spät ist zu spät, um über die biologische Uhr zu reden?

Vor Kurzem führte ich zufällig ein Gespräch über Aufklärungsunterricht in Schulen. Ich hatte auf Pornokonsum und den Einfluss auf die Sexualität der Jugendlichen getippt, als ich fragte, was an dem Thema das Wichtigste sei. Oder die Tatsache, dass es im Sexualkundeunterricht meist nur Mann und Frau gibt und nichts anderes. Und was macht das mit denen, die sowieso schon zerrissen sind, weil sie anders lieben? Die Antwort war aber eine andere: „Wir bringen ihnen alles über Verhütung bei, aber nichts übers Kinder kriegen. Wenn man die Mädchen fragt, was rein biologisch die beste Zeit wäre, um Kinder zu bekommen, sagen die 27 bis 30. Auch in der Abiturstufe.“* Mein Verstand schaltete in diesem Moment zunächst auf Gegenwehr. Kann ja nicht sein, ist ja jeder Frau selbst überlassen, ob sie Kinder kriegt. Ein Unterricht, der indirekt dazu drängt, weil irgendwann der Zug einfach abgefahren ist, der beibringt, wie man fruchtbare Tage erkennt – mit Zervixschleim und LH-Anstieg, damit die Chancen steigen, das schien mir doch ein bisschen Mittelalter. Oder war an der Idee, Planbarkeit in beide …

Berlin, Berlin

Das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, hat dreitausend Einwohner. Ich war in den letzten Wochen viel da. Es ist wunderschön dort und es schreibt sich ganz fantastisch unter einem alten Kirschbaum in einem traumhaften Garten. Untermalt von der Geräuschkulisse der Landmaschinen, Rasenmäher und Kreißsägen – Einer der größten Mythen über das Leben auf dem Land ist ja, dass es dort ruhig zugeht. – habe ich es nicht ganz geschafft, meine Sommerpause einzuhalten. Ich liebe diesen Ort. Aber das Zuhausegefühl überkommt mich schon lange, wenn ich von der A100 aus den Funkturm erblicke. Berlin ist meine Heimat. Zehn Jahre bin ich nun hier. In Berlin ist bald Wahl und nicht nur deswegen ist die Stadt gerade Lieblingskind der Feuilletonisten. Ein komplettes Genre scheint sich nur damit zu beschäftigen, wieviel besser hier früher alles war. Als man noch für 300 Mark im 200 Quadratmeter Altbau wohnte, die Drogen etwas taugten und nichts Unangenehmes passierte. Jemals. Oder es keinen interessierte, weil alle viel entspannter waren. Nicht nur die Feuilletonisten und Onliner fühlen sich diesem urbanen Mythos verpflichtet, sondern …

„Manchmal denke ich, es fehlt nur noch die Ohrläppchencreme.“ – Ein Interview über Schönheit und Kosmetik

Andrea ist eine meiner ersten Leserinnen. Seit ihrem ersten Kommentar freue ich mich immer, wenn sie mir ihre Meinung da lässt. Denn die lässt mich oft in eine neue Richtung denken. Das liegt nicht nur daran, dass sie sich als Kosmetikerin auch von Berufswegen her gut mit dem ganzen Schönheitszirkus auskennt. Ohne sie je getroffen zu haben (obwohl wir noch diesen Sofaplan haben), finde ich, sie ist genau das, was man sich unter einer starken und klugen Frau vorstellt. Und cool natürlich. Sonst wäre sie auch nicht meine coole Frau im August. Also, Vorhang auf für ihr Interview. Wer mehr von ihr lesen möchte, kann sie auf ihrem Blog Michou à la mode besuchen. Um die wunderbaren Sachen, die sie näht, zu bewundern – und noch mehr kluge Gedanken zu entdecken. *** Wenn ich mich über die Schönheitsindustrie ärgere, kommentierst du gern, dass Make-up und Schönheitsrituale auch positiv wirken können… Ich denke, der Wunsch, den Körper zu verschönern, die Freude an Schönheit und Ästhetik, ist etwas Menschliches. Wenn ich in feministischen Kreisen etwas zu diesem Thema lese, dann ist das häufig …

Die SHAPE-Frau macht Urlaub

Kommt mit, heute besuchen wir wieder eines dieser Fabelwesen vom Zeitschriftenkiosk. Ihr müsst nicht leise sein, die SHAPE-Frau ist nicht scheu. Eher so Boom!!! Hier bin ich. Und effizient ist sie. Wie bereits der Blick auf das Cover der Fitnesszeitschrift offenbart. Denn keine ihrer maßgeblichen Lebensaktivitäten dauert länger als 5 Minuten. Und sie liebt Ausrufezeichen. Mit 5 Minuten seid ihr beim Fasirgendwas – Workout dabei (Da wabbelt nichts mehr!). Mit ganz winzigen Tricks – mikroskopisch sozusagen – kriegt man endlich den flachen Bauch (Ganz nebenbei!). Die Instagram-würdige Taille gibt es in nur einer Minute. Dafür müsst ihr nur euren Kleiderschrank je nach Körperform komplett neu bestücken. Ihr wisst schon Birne, Apfel oder Kiwi, falls ihr euch schon eine Weile nicht die Beine rasiert habt. Um euch dann olympiareif in einer Minute das entsprechende Outfit aus dem Schrank zu ziehen und anzuziehen. Was auch wieder was von Sport hat. Wie praktisch. Weitere Cover-Highlights: Endlich den Richtigen (!) findet die SHAPE-Frau mit nur drei Fragen und Sex hat sie, total ökonomisch, gleich morgens. Dann hat sie das auch weg. …

Unprofessionelle Haare

Es ist kein Geheimnis, dass man oft das haben möchte, was man nicht hat. Ich wollte immer Locken haben. Heute weiß ich, ich wollte nicht Locken an sich, sondern eine bestimmte Art von Locken. Das wurde mir nach einem beiläufigen Satz einer Kollegin klar. Einer Kollegin mit tollen Harren. Wie Keri Russell, als sie noch nicht als russische Spionin arbeitete, sondern bei Bon Jovi auf der Couch schlief. Vor einer ziemlich wichtigen Präsentation sagte die Kollegin, sie hasse ihre unprofessionellen Haare. Ich stutze. Im Grunde genommen sind Haare nur tote Zellen. Tote Zellen, die in verschiedener Dicke, Form und Farbe aus dem Kopf sprießen. Und aus weiteren Körperregionen. Natürlich war mir klar, dass wir Haare mit diversen Bedeutungen aufgeladen haben, je nach Körperstelle, Hautfarbe und Träger*in. Insbesondere bei Frauen. Bei Männern scheint es mir eher um eine Existenz oder Nichtexistenz zu gehen. Mit zurückgehendem Haaransatz wird gern Bruce Willis zitiert. Für Frauen kannte ich die farbtechnischen Einordnungen – kühle Blonde, heiße Rothaarige oder – es geht immer noch ein bisschen schlimmer – rassige Dunkelhaarige. Über die …