Autor: Corinne

Langhaarmädchen

Lasst mich euch von den Langhaarmädchen erzählen. Ich war 10 Jahre alt und hätte man die 25 Kinder in meiner Klasse in einer Schlange bis zum Horizont aufgereiht, die Sonne hätte das Langhaarmädchen getroffen und sie glitzern lassen. Dieses Mädchen war klug und beliebt. Es hatte ein hübsches, rundes, symmetrisches Gesicht, blaue Augen und dicke, blonde Haare, die genau die richtige Anzahl Wellen hatten, um nicht lockig zu sein und auch nicht wie Schnittlauch herabzuhängen. Wenn wir uns in langweiligen Mathestunden alle ein Haar ausrissen, um es lang zu ziehen und am Lineal abzulesen, wer die längsten Haare hatte, die schönsten, die Prinzessinnenhaare, gewann immer das Langhaarmädchen. Ihr gelangen die Dinge. Sie war ein wenig frech aber nie zu sehr. Über sie hätte man ein Kinderbuch schreiben können. Eines von denen, die immer im besten Sommer der Kindheit spielen und in denen es nie getrennte Eltern gibt. Die anderen Mädchen liebten sie. Die Lehrer liebten sie. Aber am Wichtigsten – die Jungen liebten sie. Ich hatte schnell beschlossen, dass das Langhaarmädchen meine Rivalin war. Es war …

#edrecovery – Wie sich essgestörte Mädchen auf Instagram unterstützen

Für einen der letzten Posts  trieb ich mich eine Weile im Instagram-Essensbilder-Universum herum und stieß  auf einen Hashtag, der mir vorher noch nicht begegnet war: #edrecovery (eating disorder recovery – also etwa „von der Essstörung gesunden“). Noch eine Online-Community zum Thema Körper und Essen – aber ohne pedantische Fitnesstracker und Minivideos zu wahnsinnig effektiven Übungen. Hier postet eine immer größere werdende Anzahl von zum größten Teil jungen Mädchen um ihre Essstörung zu thematisieren…und zu bewältigen. Ich kannte die Berichterstattung über Pro-Ana Foren, What’s App-Gruppen und Blogs, die sich zum gemeinsamen Hungern motivieren, Anorexie als Freundin Ana beschreiben und ihr mit dem Slogan „It’s not a diet, it’s lifestyle.“ den Status als Krankheit absprechen.

Ich habe die Studie zu Regretting Motherhood gelesen. Wenn ich mir die Artikel dazu anschaue, war ich wohl die Einzige.

„Mutter sein heißt, kleine Atemzüge hören und leichte Herzschläge, scharfäugig werden wie ein Tier des Waldes für alle Gefahren, mutig sein im Stillen wie kein lauter Mann in Waffen, schaffen mit allem Blut, das einem gegeben ist, über sich hinauswachsen in allen Fähigkeiten des Wachens, Hungerns, Liebens und Handelns, vor allem aber sorgen. Mutter sein heißt, in Sorgen glücklich sein.“ Jean-Jacques Rousseau, Emile *** Uff. Über 250 Jahre alt ist das Zitat und scheint trotz veralteter Sprache erstaunlich aktuell. Mutter sein heißt Mutter sein – mit Haut und Haar, mit Blut und Schmerzen. Nicht weniger aber vor allem nicht mehr. Mutter, nicht Frau, nicht Geliebte, nicht Geschäftsführerin, nicht Gott-weiß-was. Es gibt keine doppelte Identität neben der Mutter. Dass das nicht besonders viel Spaß macht, war Rousseau bereits damals klar, „in Sorgen glücklich sein“. Sorry, mehr ist nicht drin.

Fahrradgesicht oder Seid einfach keine Idioten (m/w)

Heute ist der Tag der großen Essays. Aber es will mir nicht gelingen. Ich überlege, woran es liegen könnte. Wer sind die Frauen und was wollen sie? Eine Frage, die 1999 n.Chr. schon die große Philosophin Christina Aguilera nur vage stellte: What a girl wants, what a girl needs nanana, lalala, something, hm…Was „was“  ist, bleibt im Dunkeln. Auch wenn wir uns inzwischen vom Sony Discman zum iPhone vorgearbeitet haben, klingt die Frage auch im neuen Jahrtausend noch in den Ohren. Aber das ist es nicht. Frauen mögen keine homogene Masse mit gemeinsamen Wunschzettel sein. Aber es fällt genug ein, was man auf den Forderungskatalog setzen könnte: Sexualstrafrecht, Equal Pay, Care Arbeit, humane Arbeitskultur, steuerliche Förderung von Kindern und nicht der Ehe. Was ich eigentlich schreiben will, hat wahrscheinlich einfach wenig mit Feminismus zu tun. Oder ganz viel. Ich will schreiben: Wir sollten alle rücksichtsvoller und netter zueinander sein. Nun kommt man sich kindisch vor, wenn man solche simplen Tatsachen aufschreibt. Ich selbst scheitere täglich an dieser Mission. Ich will manchmal nicht reden, obwohl ich weiß, dass …