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#15 Über Pünktlichkeit – ein Seufzer [NaBloPoMo]

Ich bin daran gewöhnt, bei Trends nicht die Erste zu sein. Ich habe noch Happy Hippo Ü-Ei Figuren getauscht als längst die Krokodile angesagt waren. Als ich bei den Krokodilen war, hätte ich mich für Jungs interessieren müssen.

In letzter Zeit dämmert es mir, dass ich wohl wieder hinterhinke beim neuesten Hype: nie pünktlich zu sein. Ich dachte, ich hätte dieses Problem mit meinen 20ern hinter mir gelassen. Damals war ich gern pünktlich, aber durchaus informiert über die soziale Konvention nie um 20 Uhr aufzutauchen, wenn man um 20 Uhr zur Party eingeladen war. Mittlerweile grassiert das Problem aber in allen Altersklassen. Mich erreichen Einladungen mit Eingangsphasen von 2 Stunden. Kommt zwischen 18 und 20 Uhr, spätestens um 20:30 Uhr solltet ihr alle da sein. Denn es gibt um 21 Uhr was zu essen. Bis dahin bin ich verhungert.

Als würde das nicht reichen, scheint sich das Problem auch in seinen Dimensionen ausgeweitet zu haben. Es betrifft nicht nur das klassische Zu-spät-kommen, sondern ist vielmehr eine generelle Nichtwahrnehmung der Uhr. Mir, die eigentlich immer 10 Minuten vor der Zeit am Treffpunkt ist, passierte letztens, dass ich zu Verabredungen auftauche und alle anderen bereits seit einer halben Stunde da waren.

Einfach so. Weil man dachte, man könnte auch schon früher vorbeischauen. Heißt das jetzt, ich muss immer sehr viel früher kommen, um wirklich pünktlich zu sein? Wie viel früher? Und bin ich technisch zu spät obwohl ich pünktlich bin, wenn alle anderen schon da sind? Wann bin ich quasi nicht mehr früh genug da, um nicht zu spät zu sein? Stephen Hawking kann ich nicht mehr fragen.

Im Café lasse ich mir das auch noch gefallen – steigert ja den Umsatz – aber bei Einladungen nach Hause, womöglich noch zum Essen, bin ich strikt dagegen, dass Gäste vor meiner zehnminütigen Pufferzeit auftauchen. Mein ganzer ausgeklügelter Plan (Nahrung vorbereiten, Schmutzwäsche verstecken, nicht betretbare Räume gründlich verschließen) geht sonst nicht auf.

Im Grunde genommen sind mir aber die Zu-früh-Kommer (haha) grundsympathisch, weil sie meiner  Seele entsprechen. Richtig ärgert mich die andere Sorte: die notorischen Zu-spät-Kommer. Ich versuche, mich damit zu arrangieren. Eigentlich könnte ich selbst auch immer einfach zwanzig Minuten später auftauchen. Kann ich aber nicht. Wenn ich noch in der Bahn sitze und der Zeiger der Uhr sich der verabredeten Zeit nähert steigt meine Adrenalinausschüttung und kostet mich wertvolle Lebenszeit. Ich hetze dann am Ende doch (Biologie und so) und komme nur zehn Minuten zu spät, um noch ein wenig zu warten.

Ich weiß nicht, woran es liegt. Vielleicht haben alle Appleuhren und wollen nicht ständig wischen, um die Uhrzeit zu sehen. Oder nur das Smartphone als Zeitanzeiger. Vielleicht ist es auch diese Entschleunigung, von der alle reden. Für mich ist es Stress. Und ich hasse es, nicht pünktlich zu sein, weil andere kommen, wann sie wollen. Selbst wenn es viel früher ist. Seid doch einfach alle wieder pünktlich. Wie ich. Also so immer zirka fünf Minuten vorher da.

Foto: flickr – Loren Javier – CC by 2.0

14 Kommentare

  1. Gut ist, wenn die Freunde berechnenbar sind. Also, wenn Du weisst, das der oder die IMMER zu spät kommt. ich habe da schon mal die verabredung ne halbe stunde früher angegeben als tatsächloch geplant. Hat prima geklappt ;) – aber ganz ehrlich: ich kann das meist auch nicht gut ab, wenn man verabredet ist, und einer zu spät kommt. also merklich zu spät. Ich bin, wenn ich zu früh bin, meist entspannt und dreh noch ne Runde, um dann pünktlich zum Treffen zu kommen. und ich finde, in Zeiten dieses Internets kann man vorzeitig sagen, wenn m,an sich voraussichtlich verspätet. Aber vielleicht können die das mit ihren Apple Watches dann auch nicht.
    Nur aufregen und mir darum den kopf machen oder mich ährern drüber, das mache ich nicht. Nur eventuell mit den jenigen nie wieder verabreden. Oder mit Leuten, die vereinbarte Treffen (ihre vorgeschlagenen Termine!) zwar rechtzeitig ( einen Tag vorher) aber dafür zweimal absagen. Die werden dann echt mit Verzicht belegt, wenn es keine triftigen Gründe dafür gibt.
    (ich war heute auch wieder „außer Plan“ – aber das macht ja nix, so andere Themen sind ja, wie man hier liest, extrem spannend. )

  2. Ich bin da wie du: immer 10 Minuten vor der Zeit, das gebietet die Höflichkeit ;) Und notorische Zuspätkommer oder diese nicht Absager und einfach nicht kommen treiben mich zur Weißglut.
    Zufrühkommer stören mich hingegen nicht. Wer zu früh da ist, muss auch damit leben, wenn noch nicht alles fertig ist. Tue ich ja auch.

    • Bettina sagt

      nö, geht überhaupt nicht

      wenn meine Schwester prinzipiell eine halbe Stunde zu früh vor der Tür steht (aus Panik vor zu spät kommen), dann bekomme ich die Krise
      zuletzt hatten wir eine Zeit ausgemacht, um zu einem Kontrolltermin zum Arzt zu fahren, da stand sie eine halbe Stunde zu früh vor der Tür, weil sie mir was geben wollte, diese Übergabe hätte aber nur zwei Minuten gekostet
      blöd für sie, dass ich zwei Tore zu meiner Wohnung in dem Mietshaus habe, und die zweite Tür wegen einer Störung des Türöffners wieder mal klemmte
      ich ging nochmal ins Bad, weil eben noch nicht fertig, und hörte weder das neuerliche Klingeln, noch das Handy……..

  3. Ich bin irgendwann von der chronisch Überpünktlichen zur Ständigzuspäten mutiert, weiß auch nicht, wie das passiert ist. Vermutlich habe ich den Übergang vom Dorf in die Hauptstadt innerlich noch nicht ganz vollzogen – meine Ausrede ist, dass entweder die Ringbahn nicht fährt oder ich mit dem Auto vor einer Baustelle hänge. Pünktlich bin ich jedenfalls nie mehr. Umgekehrt ärgern mich die ewig Zufrühen (die Schmutzwäsche, die Chaos-Zimmer …) mindestens ebenso wie die extrem Zuspäten. Mein Limit liegt bei etwa einer Stunde nach der Einladung zum Abendessen. Danach kann es sein, dass ich schon eingeschlafen bin – mir doch egal, was der Besuch dann macht, wenn er zwei Stunden nach der Verabredung endlich da ist ….

    • Ja, Berlin hat seine Tücken, das kenne ich. Bei EINER Stunde Verspätung zum Abendessen würde ich die Tür auch nicht mehr aufmachen. Sehr wahrscheinlich nie mehr.

  4. Ich kenne das. ^^
    Man hat für 17 Uhr eingeladen, muss aber schon 16.45 Uhr völlig fertig sein, da da die ersten Gäste kommen. Deren Motto: „Lieber zu früh, als zu spät.“ Einer meiner Verwandten wartet oft vor der Tür bis zum Zeitpunkt. Das finde ich irgendwie total süß. So rücksichtsvoll. Meistens entdecke ich ihn aber und bitte ihn rein. :)
    Aber eine halbe oder sogar dreiviertel Stunde eher da zu sein finde ich echt übertrieben!
    Wenn ich irgendwo hingehe, dann nehme ich mir auch immer 5 Minuten mehr, dann muss ich nicht so hetzen. Das ist das Problem bei öffentlichen Verkehrsmitteln, die fahren nicht so, wie man das am Besten brauchen könnte. ;)
    Hab noch eine schöne Woche
    Liebe Grüße, Mia

    • Das ist wirklich süß, aber man will dann fast immer früh genug fertig sein, um ihn reinzulassen, oder? Dir auch eine schöne Woche.

  5. Kann ich absolut nachvollziehen! Ich habe auch 2-3 Kandidaten im Freundeskreis die absolut notorisch mindestens 20 Minuten zu spät kommen. Versteh ich nicht! Ich komme auch mal zu spät, z.B. wenn ich nicht genau weiß wie lange ich von A nach B brauche. Aber Leute die schon prinzipiell zu spät kommen finde ich einfach durch und durch unhöflich. Ich habe mit meiner Zeit besseres anzufangen, als 20 Minuten irgendwo rum zu stehen und auf Leute zu warten…
    Hingegen: zu früh irgendwo aufzutauchen geht nur nach vorheriger Absprache! Sonst entstehen so stressige Situationen wie Melanie vorher schon beschrieben hat.

  6. Du bist nicht allein. Ich mag es auch nicht, wenn Gäste aus den von dir genannten Gründen bei mir früher auftauchen. Oft ist das Essen noch nicht fertig oder ich selbst bin noch nicht präsentabel. Wesentlich schlimmer sind für mich die Unverbindlichen, die es nicht für nötig halten, rechtzeitig abzusagen, wenn sie zu einer Party dann doch nicht kommen. Wahrscheinlich ist es schon eine ganze Weile hip & Trend, sich jede Option offenzuhalten und sich nicht mehr verbindlich festzulegen. Ganz ehrlich? Auf solche, für mich uncoolen Trends kann ich getrost verzichten.
    LG
    Ulrike

    • Richtig! Die Unverbindlichen habe ich total vergessen. Das sind eigentlich die Schlimmsten. Wenn ich schon so Sätze höre wie „Ach, wir machen das alles ganz locker…“

  7. Ich muss gestehen, ich gehöre auch eher zu den Unpünktlichen, oder eher: Zu den ganz knapp noch Pünktlichen.
    Habe aber chronisch sehr Unpünktliche UND Überpünktliche in der Familie und das führt manchmal zu echt anstrengenden Familienfesten…

    Meine Horrorerinnerung ist der 1. Geburtstag meines Kindes, an dem ich aus blöden Verkettungen mit den Vorbereitungen allein war und etwa eine halbe Stunde vor dem vereinbarten Beginn der Feier die Überpünktlichen (die eine „Anreise“ von 5-10 Minuten haben) vor der Tür standen. Kind hatte gerade eine überlaufende Windel produziert, sodass ich es ausziehen musste, die Wäsche in die Maschine stopfen, dass schmutzige, stinkende Kind waschen (fand es blöd) und in frische Klamotten stecken… das alles, wärend also die Überpünktlichen alle 20 Sekunden wutentbrannt klingelten.
    Als ich dann endlich aufmachte, das Kind so halb angezogen und extrem brüllend, weil Mama und Kind ungehalten waren, war das Entsetzen darüber groß, dass ich (nun noch 20 Minuten vor dem Vereinbarten Beginn der Feier) den Tisch nicht gedeckt und den Kaffee nicht gekocht hatte.
    War wirklich fertig mit der Welt und finde seitdem zu früh kommen extrem unhöflich – zumindest so extrem zu früh. Es sei denn, man möchte helfen! Dann kündige man sich an und mache sich nützlich! ;)

    • Das klingt nach einem Horrorszenario & sehr verständnisvollen Gästen, die du das hattest :-). Durften/dürfen die zum 2. Geburtstag wieder kommen?

    • Sie durften, sind ja auch schon einige Geburtstage vergangen seitdem. Sieht man mal, wie dauerhaft diese Erinnerung ist!
      Bin aber klüger geworden und decke jetzt schon seeehr viel früher alles ein, dann sehe ich besser vorbereitet aus. ;)

  8. Katha sagt

    Ich bin so eine Unpüntkliche & fühle mich jetzt ein bisschen schlecht. Aber immer 10 Minuten vorher finde ich auch sehr nervig & total verkrampft deutsch, oder?

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