Guten Tag, kennen wir uns nicht? Hier bin ich wieder und dieses Mal gekommen, um zu bleiben. (Es gibt übrigens eine interessante Podcastfolge von Judith Holofernes mit Sarah Kuttner. In der sagt Sarah Kuttner, dass das Schreiben für sie kein Herzensimpuls ist, dem sie manisch-Van-Gogh-artig folgen muss. Sie macht das einfach zum Geldverdienen und würde es vermutlich nicht tun, wenn es nichts dafür geben würde.) Und wusstet ihr, dass Kunst gar keinen Weltschmerz und kein Leiden braucht? Wir sind am kreativsten, wenn wir glücklich sind. Jaja, Gedanken zum Schreiben, fast schon ein eigener Blogpost.
Also, wo war ich? Ich möchte dieses Mal gern ein bisschen hierbleiben. Vor ein paar Tagen fand ich eine E-Mail vom NaNoWriMo (dem National Novel Writing Month) in meinem Posteingang. Der startet wieder im November also tada: heute. Es geht darum, sich gemeinsam zu motivieren jeden Tag zu schreiben, eigentlich um die erste Version eines Romans fertig zu bekommen. Für jeden Tag wird definitiv zu viel Leben in meinem November sein, aber ich habe wieder Lust einfach drauflos zu tippen (vielleicht ein paar Texte die Woche), ohne sofort Füllwörter zu streichen und darauf zu achten, ob es „dass“ oder „das“ heißt und wo das Komma hinmuss (Was ich sowieso immer falsch setzte, weil ich seit Jahren zu beschäftigt faul bin, um die Regeln einmal wirklich zu lernen).
So etwas Ähnliches habe ich schonmal 2015 gemacht und einen Monat lang fast jeden Tag zu einem Schreibimpuls gebloggt. Das versuche ich jetzt wieder. Dieses Mal habe ich eine Liste in meinem Notizbuch mit kleinen Dingen, die mir Freude machen. Sie waren Teil einer Ideensammlung für ein Sachbuch, das seinen Weg in die Herzen der Verlage nicht gefunden hat. Ich hatte vor, eine Ehrenrettung des Alltags zu schreiben, weil ich finde, dass er gute PR brauchen kann. Aber irgendwie stand ich damit allein, denn Alltag haben die Menschen wohl schon selbst genug und spätestens seit Corona die Nase voll davon. Fair enough und irgendwie verstehe ich es ja. Das Gewöhnliche hat eben keinen guten Ruf. Es ist nun einmal banal, langweilig, Mittelmaß, nur das Übliche eben. Nicht das, was wir glauben zu wollen und verdient zu haben. Dafür muss man sich ja nur umschauen. Für uns soll es vielleicht nicht unbedingt rote Rosen regnen, aber ein kleines Upgrade hier und da darf es schon sein. Etwas mehr Geld oder zumindest persönliche Erfüllung im nicht optimal bezahlten Job, schickere Wohnung, besserer Körper, coole Kinder (Mit eigenem Kopf, die sich trotzdem in den entscheidenden Momenten zu benehmen wissen.)… wird ja nicht zu viel verlangt sein. Wir gehen automatisch davon aus, dass uns nur glücklich machen kann was selten, teuer und einzigartig ist. Wer am Wochenende ein Drei-Gänge-Menü beim Städtetrip verspeist, ist sicher glücklicher als jemand, der mit dem Käsebrot zu Hause auf der Couch sitzt.
Zumal wir nicht erst seit 2020 alle mittendrin stecken in einem kulturellen Moment, der uns noch sensibler dafür macht, wie wir unsere Zeit verbringen. Zeit. Auch ein ganz eigenes Thema. Leider wurde uns in den letzten Jahren erzählt, dass wir das knappe Gut am besten nutzen, wenn wir jede Sekunde aus ihm rauspressen. Und immer etwas Besonderes daraus machen. Einfach mal raus, irgendwie was anderes, nur keine Routinen. (Auch wenn wir am Ende oft doch alle das Gleiche tun, aber uns wenigstens individuell dabei fühlen.) Wenn wir nur denken, es ist nichts Alltägliches, dann lassen wir uns auch gern vom Minimalistisch-Einfachen faszinieren, nur eben nicht vom Alltagseinerlei. Von so Dingen, die uns jeden Tag begegnen. Wie vielen anderen eben auch.
Wenn ich mich umhöre, haben trotzdem viele ein mulmiges Gefühl im Bauch. Die Hoffnung, dass das Besondere, die Ausnahme, der Ausbruch, das Neue uns näher ans Glück führt, bringt es irgendwie auch nicht. Und die kleinen vermeintlichen Banalitäten des Alltags, das Tag ein/Tag aus muss ja nicht automatisch unzufrieden-machender-Trott bedeuten, sondern ist für mich überraschend oft ein Baustein für meine Zufriedenheit. Also, These: Unser Alltag mit all den kleinen schönen Dingen, den winzigen, oft übersehenen Momenten, ist verdammt alltagstauglich, wenn wir uns darauf einlassen. Gut, vielleicht ist die ganze Idee einfach eine unbewusste Selbstrechtfertigung, weil ich mein Leben auch sehr durchschnittlich bestreite (Reihenhaus, zwei Kinder, ein Auto/ein Jahresurlaub/eine Ehe, die mit 10 Jahren auch an der Durchschnittsdauer kratzt), aber ich komme eben seit einem Jahr nicht von dem Gedanken los, dass ich so gern irgendwo einen Platz für die Mittelwerte hätte, für die gewöhnlichen, die kleinen, die normalen Dinge (normal im besten Wortsinn ohne faden Beigeschmack und Regelungsanspruch). Weil zu viele es doch ganz gut hinkriegen mit diesem Leben und trotzdem zu oft das Gefühl haben, zu versagen. Ich glaube wirklich, dass wir auf der Gewinnerstraße Richtung Glück sind (Hey, das wäre doch ein schöner Buchtitel gewesen: Kommen Sie mit auf die Gewinnerstraße Richtung Glück, das innere Kind haben wir schon angeschnallt, gemeinsam fühlen wir bald besser, schön, dass es Sie gibt!) wenn wir zulassen, unseren Alltag und das Alltägliche ein bisschen mehr zu lieben.
tl;dr Ich habe in meinem Notizbuch eine Liste mit kleinen Alltagsdingen, die mich ein bisschen glücklicher machen und über die ich mal schreiben wollte. Wenn alles gut geht, mache ich das jetzt im November hier im Geiste des NaNoWriMo. Und das mit dem Glück durch Bügeln kriege ich vielleicht auch noch raus. (Überschrift, die neugierig macht und auf die im Text kein Bezug mehr genommen wird, sorry, alte Bloggerkrankheit, kommt nicht wieder vor.)
Foto: flickr – David Saddler – CC by 2.0