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Gastbeitrag: Hypochondrie wird mein Leben retten

Winter ist Erkältungszeit. Da passt es gut, dass meine Gastautorin dem Kranksein seinen ganz eigenen Charme abgewinnt. Marie findet nämlich, ihre Hypochondrie wird ihr einmal das Leben retten. (Vorsicht: ironische Behandlung des Themas)

Ich hatte schon alles: Krebs in allen Stadien und Körperteilen, ein paar Herzinfarkte und die ganzen sehr seltenen Krankheitsbilder, die sich mir über meinen Freund das Internet nach kurzer Selbstdiagnose routinemäßig eröffnen. Trotzdem war und bin ich laut meiner Ärztin in ziemlich guter Gesundheit. Ausgenommen ist hier natürlich meine nicht ganz austherapierte, aber ganz und gar nicht operierbare Hypochondrie.

Hypochondrie ist, für die Uneingeweihten, laut Wikipedia eine „Störung, bei der die Betroffenen unter ausgeprägten (Aber eben nicht völlig unbegründeten!) Ängsten leiden, eine ernsthafte Erkrankung zu haben, ohne dass sich dafür ein Befund finden lässt (Aha, nicht gefunden. Was nicht heißt, dass es nicht doch einen gibt!)“ Oder, einfacher ausgedrückt: Ich mache ständig aus einer Mücke einen Elefanten. Oder, um ein Beispiel zu bemühen, man hält den ersten Pickel mit 13 für einen bösartigen (Ja, was denn sonst?) Tumor.

Während meines bisherigen Lebens haben mich Freunde, Verwandte, das Leben und zahlreiche Selbsthilfebücher versucht davon zu überzeugen, dass diese -mhm- Angewohnheit von mir, irgendwie ungesund sei. Ich widersprach und widerspreche vehement. Hypochondrie wird einmal mein Leben retten. Und es könnte auch euch rausreißen, irgendwann.

Seit es das Internet gibt, machen sich viele Menschen Sorgen. Wir schlafen alle immer schlechter, wenn wir schlafen, brennen wir uns mit übersteuerten iPhones Muster in die Haut, unsere Aufmerksamkeitsspanne ist quasi nicht mehr existent – Wo war ich? – Ach ja, und Menschen stellen ihre eigenen medizinischen Diagnosen mit Dr. Google. Laut einer Studie, die ich fand, weil mich die ein wenig nachdunkelnde Farbe meiner Pupille beschäftigte (höchstwahrscheinlich grauer Star), konsultiert eine von vier Frauen regelmäßig den Online-Medicus. Dabei bevorzugen sie Informationsseiten.

Ich weiß aber, dass das eigentliche Glück in Foren liegt. Innerhalb von ein paar Minuten hat man sich hier mit einem schönen Strauß an Krankheiten versorgt, die auf jedes meiner Symptome passen. Und nebenbei noch ein paar Bonussymptome mitgenommen. Schließlich geht nichts über einige wohlklingende lateinische Namen und ein paar Globuli, um mich zu beruhigen, weil mein Knie juckt.

Es war kurz nach der Entdeckung dieser Internetforen, als meine Freunde mir verboten, mit ihnen über Krankheiten zu reden. Da hatte ich sie – und meine Verwandtschaft – bereits mehrere Jahre mit lustigen Medizinquiz-Varianten von „Nenne die 5 Anzeichen von…“ unterhalten. An dieser Stelle ist anzumerken, dass nur aufgrund meiner aufklärerischen Pionierleistungen ein Onkel von mir seine Herzbeschwerden früh genug erkannte. Meine Freunde begingen hier also einen, sprechen wir es ruhig aus, potentiell tödlichen Fehler.

Aber meine Hypochondrie hat nicht nur anderen geholfen, sondern wird auch mir in Zukunft noch bessere Dienste leisten, als sie es jetzt schon tut. Wenn ich mein jetziges Studium aufgeben sollte, wird mich das über die Jahre angehäufte Wissen mit Sicherheit bis knapp vor das Physikum führen bevor ich „Das kann nicht nur ein Schnupfen sein.“ gesagt habe. Bereits mit 13 diagnostizierte ich schließlich auftretenden Schleim bereits so zuverlässig als eine Bronchitis, dass selbst meine Ärztin mir Respekt zollen musste, wie früh ich die Infektion meiner Lunge erkannt hatte.

Zu guter Letzt sei noch darauf hingewiesen, dass Hypochondrie mich zu einem durch und durch optimistischen Menschen gemacht hat. Denn, wenn ich in der Lage bin, die entkräftetsten und schlimmsten Krankheiten immer und immer wieder doch noch abzuwenden, kann die Welt nur mein Süßwarenladen, oder in meinem Fall, meine Apotheke sein. Für eine glücklichere Zukunft, fangt heute noch mit der Symptomsuche an!

Foto: flickr – Jesse Wagstaff – CC by 2.0

6 Kommentare

  1. Pingback: 2016 – in Euren Worten – juna im netz

  2. Das hätte von mir sein können. Bin übrigens auch eine gute Diagnostikerin. Mir fehlt eigentlich nur noch die Approbiation.
    Allerdings: ich google nie nach Symptomen. Ich wäre sonst arbeitsunfähig :-)

  3. Daniela R sagt

    Sehr lustig, mit einem Körnchen Wahrheit. Ich versuche ja den „Online-Medicus“ nicht um Rat zu fragen. Ab und zu passiert es dann doch, was sich meist als Fehler herausstellt.

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